ABMAHNUNGEN
RAW-AKTUELL 11/2021
Die Finanzverwaltung hat aktuell zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Abmahnungen Stellung genommen und wendet hierzu nunmehr verschiedene Urteile des Bundesfinanzhofs an. Die darüber hinaus gehenden Ausführungen der Finanzverwaltung könnten in diesem Zusammenhang insbesondere für die Abmahnenden problematisch werden.
Die Finanzverwaltung wendet danach verschiedene Urteile des Bundesfinanzhofs an, wonach im Rahmen von Abmahnungen geltend gemachter Schadenersatz auch umsatzsteuerlich als echter Schadenersatz nicht der Umsatzsteuer unterliegt. Darüber hinaus gehende Zahlungen für Aufwendungsersatz unterliegen jedoch grundsätzlich der Umsatzsteuer. Insoweit sei auch unerheblich, auf welche nationale zivilrechtliche Grundlage der Zahlungsanspruch gestützt ist.
Die Leistung des Abmahnenden besteht darin, dass der Abgemahnte mit der Abmahnung nicht nur die Gelegenheit erhält, möglichst kostengünstig Geldansprüche des Abmahnenden zu befriedigen, sondern ihm werden (möglicherweise erstmals) der Rechtsverstoß zur Kenntnis gebracht und die notwendigen Informationen gegeben, um durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung den (nicht auf Geld gerichteten) Unterlassungsanspruch zu erfüllen. Außerdem wird mit der auf Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gerichteten Abmahnung weder eine Urheberrechtsverletzung, eine unlautere Wettbewerbshandlung noch ein Schaden ausgeglichen, sondern dem Rechtsverletzer aufgrund der Warn-, Streitbeilegungs- und Kostenvermeidungswirkung der Abmahnung ein Vorteil zugewendet. Er kann auf diese Weise einen Prozess vermeiden. Dem Rechtsverletzer wird damit die Möglichkeit gegeben, eine gerichtliche Auseinandersetzung auf kostengünstige Weise durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abzuwenden. Aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht sei eine mögliche Ungewissheit einer Zahlung letztendlich nicht geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der vom Leistenden erbrachten Leistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben.
Zeitpunkt der Leistung ist der Zugang der Abmahnung bei dem Abgemahnten. Aus Vereinfachungsgründen wird es seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der Steuerpflichtige die Besteuerung für die Abmahnleistung in demjenigen Voranmeldungszeitraum vornimmt, in dem die Abmahnung an den Abgemahnten abgesendet wurde. Bestreitet der Abgemahnte substantiiert die Rechtsverletzung, hat der Abmahnende den Steuerbetrag im Besteuerungszeitraum, in dem die Abmahnung bestritten wird, zu berichtigen.
Zum steuerbaren Entgelt für die Leistung des Abmahnenden gehören alle hierfür erhaltenen Zahlungen, d. h. auch der Ersatz von Ermittlungskosten zur Identifizierung des Rechtsverletzers (z. B. Gerichtskosten des richterlichen Gestattungsverfahrens sowie Kosten für die Auskunftserteilung durch den Internetprovider). In der Abmahnung sind die geltend gemachten Zahlungsansprüche in Schadensersatz und Aufwendungsersatz aufzuschlüsseln. Sollte entgegen § 97a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UrhG keine Aufschlüsselung erfolgen, ist der Pauschalbetrag insgesamt als Aufwendungsersatz und damit als Entgelt zu behandeln.
Die Abmahnleistungen unterliegen dabei dem Regelsteuersatz.
Erfolgt die Zusendung einer Abmahnung an einen potentiellen Rechtsverletzer nicht aufgrund eines berechtigten Anspruchs (unberechtigte Abmahnung) und erteilt der Abmahnende hierüber eine Rechnung mit gesondertem Steuerausweis, liegt nach Ansicht der Finanzverwaltung ein sogenannter unberechtigter Steuerausweis gem. § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG vor. Dies hat zur Folge, dass der Abmahnende den ausgewiesenen Steuerbetrag gemäß Gesetz bis zur Beseitigung der Gefährdung des Steueraufkommens schuldet. Die Gefährdung des Steueraufkommens ist danach erst dann beseitigt, wenn ein Vorsteuerabzug beim Empfänger der Rechnung nicht durchgeführt oder die geltend gemachte Vorsteuer an die Finanzbehörde zurückgezahlt worden ist. Die Berichtigung des geschuldeten Steuerbetrags ist beim Finanzamt gesondert schriftlich zu beantragen und kann erst nach dessen Zustimmung vorgenommen werden.
Die aktualisierte Rechtsauffassung der Finanzverwaltung soll in allen offenen Fällen anzuwenden sein. Allerdings beanstandet die Finanzverwaltung es nicht, wenn vor dem 1.11.2021 ausgeführte Abmahnleistungen von allen Beteiligten (insgesamt) als nicht steuerbarer Schadenersatz gesehen werden.