MITTELBAREN ÄNDERUNG DES GESELLSCHAFTERBESTANDS EINER GRUNDBESITZENDEN PERSONENGESELLSCHAFT
RAW-AKTUELL 02/2025

Der Bundesfinanzhof (BFH) befasste sich in einem kürzlich veröffentlichen Urteil mit den grunderwerbsteuerlichen Risiken im Zusammenhang mit einer mittelbaren Änderung des Gesellschafterbestands einer grundbesitzenden Personengesellschaft. Dabei wurde eine an der grundbesitzenden Personengesellschaft mittelbar beteiligte Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur eingefügt (Verlängerung der Beteiligungskette), ohne dass sich die Gesellschafter geändert haben. Nach der Ansicht des BFH ist kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG hinzugekommen.
Grundsätzliches zur Änderung des Gesellschafterbestandes grundbesitzender Personengesellschaften
Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von zehn Jahren (ab 01.07.2021, davor fünf Jahre) der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 90 % (ab 01.07.2021, davor 95 %) der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtetes Rechtsgeschäft (§ 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG). Dies führt zunächst zu einem der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang.
Vorinstanz Finanzgericht München
Der BFH befasste sich in seinem Urteil vom 21. August 2024, II R 16/22 mit der Frage, wie die Einfügung einer mittelbar beteiligten Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur ohne Änderung der Gesellschafter zu beurteilen ist.
Dem Urteil lag zusammengefasst folgender Sachverhalt zu Grunde (Rechtslage vor dem 01.07.2021):
Die Klägerin ist eine Personengesellschaft, die über Grundbesitz verfügt. An der Klägerin war die X KG mittelbar zu 100 % beteiligt. Die Gesellschafter der X KG setzten sich aus fünf natürlichen Personen zusammen: AB, CB und EG hielten jeweils 20 %, während MG 30 % und TG 10 % der Anteile besaßen. Mit einer notariellen Urkunde vom 17.12.2015 übertrug EG ihren Söhnen MG und TG jeweils hälftig ihren Anteil an der X KG, wodurch MG nun 40 % und TG 20 % an der X KG hielten. In einem ebenfalls am 17.12.2015 notariell beurkundeten Vertrag wurde festgelegt, dass MG seinen Anteil von 40 % an der X KG in die Y S.r.L. (Y), eine italienische Kapitalgesellschaft, einbringt. Zudem wurde vereinbart, dass TG seinen Anteil von 20 % an der X KG in die Z S.r.L. (Z), ebenfalls eine italienische Kapitalgesellschaft italienischen Rechts, einbringt. Schließlich einigten sich die Parteien darauf, dass AB und CB ihre Anteile an der X KG in Höhe von jeweils 20 % in die am 20.10.2015 gegründete W KG einbringen. AB und CB waren jeweils mit 50 % als Kommanditisten an der W KG beteiligt.
Das Finanzgericht (FG) München sah durch diese Umstrukturierung den Tatbestand des § 1 Abs.2a GrEStG als erfüllt an.
Ansicht des Bundesfinanzhofs
Der BFH hielt die Revision der Klägerin für begründet. Der Tatbestand des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG wurde entgegen der Auffassung des FG nicht verwirklicht. Es sind nicht mindestens 95 % der Anteile an der grundbesitzenden Klägerin innerhalb von fünf Jahren unmittelbar oder mittelbar auf neue Gesellschafter übergegangen Er stützt seine Ansicht auf folgende Gründe:
- Bei mittelbaren Änderungen im Gesellschafterbestand von beteiligten Personengesellschaften werden die Anteile am Gesellschaftsvermögen anteilig berücksichtigt. Die Norm betrachtet Personengesellschaften als transparent, was bedeutet, dass Veränderungen auf allen Ebenen der Beteiligungsstruktur berücksichtigt werden müssen.
- Die Beurteilung von Änderungen im Gesellschafterbestand muss weiterhin wirtschaftliche Gesichtspunkte einbeziehen. Dies gilt auch für mehrstöckige Personengesellschaften, bei denen alle Beteiligungsebenen in die Betrachtung einfließen müssen.
- Wenn eine Personengesellschaft in die Gesellschafterstruktur eingefügt wird, ohne dass sich die Rechtsträger geändert haben, wird kein neuer Gesellschafter der grundbesitzenden Personengesellschaft hinzugefügt. Die neu eingefügte Personengesellschaft gilt nicht als „neuer Gesellschafter“ im Sinne des § 1 Abs. 2a S. 1 GrEStG.
Damit bleibt insgesamt festzuhalten, dass bei der Beurteilung von Gesellschafteränderungen in grundbesitzenden Personengesellschaften eine umfassende wirtschaftliche Betrachtung und die Berücksichtigung aller relevanten Beteiligungsebenen erforderlich sind.
Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf diese Rechtsprechung reagieren wird.