UMFASSENDE ÄNDERUNGEN BEI KLEINUNTERNEHMERREGELEGUNG
RAW-AKTUELL 12/2025

Aktuell wird – vorbehaltlich einer Option zur Regelbesteuerung – die Umsatzsteuer dann nicht erhoben, wenn ein Unternehmer vergleichsweise geringe Umsätze erzielt, die an und für sich der Umsatzsteuer unterliegen würden. Zum 1.1.2025 treten nun äußerst umfassende Änderungen hinsichtlich der Kleinunternehmerregelung in Kraft. Diese betreffen unter anderen
• die Höhe der Schwellenwerte,
• die Umstellung von (Brutto-)Prognose- zu tatsächlichen (Netto-)Werten,
• die Umsatzsteuerfreiheit statt Nicht-Erhebung der Steuer,
• die Einführung einer europäischen Kleinunternehmerreglung mit gesondertem Meldeverfahren und Kleinunternehmersteuernummer,
• eRechnungen sowie
• eine neue Frist für Verzicht auf Kleinunternehmerregelung.
Höhe der Schwellenwerte
Bislang wird die Umsatzsteuer nicht erhoben, wenn der (Brutto-)Umsatz eines Unternehmens im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 22.000 EUR und im aktuellen Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 EUR beträgt.
Künftig beträgt der (Netto-)Vorjahreswert 25.000 EUR und die (Netto-)Umsatzschwelle des laufenden Jahres 100.000 EUR.
Umstellung von Prognose- zu tatsächlichen Werten
Der wesentliche Unterschied zur bisherigen Regelung liegt jedoch neben dem Übergang von Brutto- zu Nettowerten darin, dass hinsichtlich des Schwellenwertes für das laufende Kalenderjahr nicht mehr auf eine Prognose zu Kalenderjahresbeginn, sondern auf den tatsächlichen Jahresumsatz abgestellt wird. Das heißt, ging man bisher zu Jahresbeginn davon aus, dass man beispielsweise im laufenden Jahr (wie im Vorjahr) nur EUR 20.000 Umsatz erzielen wird, realisierte dann aber wider Erwarten doch einen Umsatz von 120.000 EUR, konnte trotzdem für das gesamte laufende Kalenderjahr die Kleinunternehmerregelung angewendet werden.
Zukünftig gilt die Kleinunternehmerregelung im laufenden Jahr nur noch bis zum Erreichen des Schwellenwertes. Der Umsatz, mit dem der Schwellenwert überschritten wird, unterliegt dann nicht mehr der Kleinunternehmerregung, sondern muss der Umsatzsteuer unterworfen werden. Das heißt, es muss eine unterjährige Überwachung der eigenen Umsätze, sowie ggfls. eine unterjährige Umstellung bei der Rechnungserstellung vorgenommen werden!
Vorteilhaft ist lediglich, dass bei einem unterjährigen Beginn eines Unternehmens der erzielte Umsatz nicht mehr in einen Jahresumsatz hochgerechnet werden muss. Für den Schwellenwertvergleich verbleibt es also auch bei einer unterjährigen Unternehmensgründung beim tatsächlich erzielten Umsatz.
Umsatzsteuerfreiheit statt Nicht-Erhebung der Steuer
Wurde die Umsatzsteuer bei Kleinunternehmer-Umsätzen bislang nicht erhoben, ändert sich diesbezüglich die Gesetzes-Systematik. So sind die Kleinunternehmer-Umsätze zukünftig umsatzsteuerfrei, wobei für damit in Zusammenhang stehende gezahlte Vorsteuern der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
Dies hat neben der Verbuchung insoweit auch Auswirkungen darauf, wie die Umsätze im Falle einer Überschreitung der Schwellenwerte in der Umsatzsteuererklärung angegeben werden müssen.
Einführung europäische Kleinunternehmerreglung mit gesondertem Meldeverfahren und Kleinunternehmersteuernummer
Bisher konnten nur im Inland ansässige Unternehmer die dort geltende Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen. Das heißt, weder ausländische Unternehmer im Inland noch deutsche Unternehmer im EU-Ausland konnten insoweit die Kleinunternehmerregelung anwenden.
Die Neuregelung ermöglicht es nunmehr einerseits auch im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmern, die Kleinunternehmerregelung in Deutschland anzuwenden.
Damit andererseits im Inland ansässige Unternehmer die Steuerbefreiung in einem anderen Mitgliedstaat in Anspruch nehmen können, wird mit § 19a UStG ein besonderes Meldeverfahren eingeführt, welches zwingend durchgeführt werden muss. Zuständig für die Durchführung des Meldeverfahrens und die unionsrechtlich vorgeschriebene Zusammenarbeit mit den anderen Mitgliedstaaten ist das Bundeszentralamt für Steuern, welches dem deutschen Kleinunternehmer – quasi als Pendant zur UStIDNr – eine gesonderte Kleinunternehmernummer zuteilt. Voraussetzung hierfür ist, dass im Gemeinschaftsgebiet der Vorjahresumsatz EUR 100.000 nicht überschritten hat und im laufenden Jahr den Betrag von EUR 100.000 nicht übersteigt.
Der am besonderen Meldeverfahren teilnehmende Unternehmer muss nach § 19a Abs. 3 UStG für jedes Kalendervierteljahr eine Umsatzmeldung abgeben. Diese muss er innerhalb eines Monats nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres ausschließlich auf elektronischem Weg mittels amtlich vorgeschriebenem Datensatz an das BZSt übermitteln. Auch Nullmeldungen sind abzugeben, falls in einem Quartal keine im EU-Ausland umsatzsteuerbaren Umsätzen erzielt werden.
Wurde die 100.000 Euro-Grenze (von im übrigen Gemeinschaftsgebiet umsatzsteuerbaren Umsätzen) im laufenden Kalenderjahr überschritten, ist das Bundeszentralamt für Steuern innerhalb von 15 Werktagen zu informieren und die EU-Kleinunternehmerregelung kann nicht mehr angewendet werden. Die beiden Kleinunternehmerregelungen existieren parallel. Sofern die innerdeutschen Umsätze den Betrag von EUR 100.000 nicht überschreiten, kann bei Überschreiten der 100.000 Euro-Grenze im übrigen Gemeinschaftsgebiet die inländische Kleinunternehmerregelung trotzdem weiterhin angewandt werden. Der Kleinunternehmer muss seine EU-Umsätze dann im Regelsteuerverfahren oder im OSS-Verfahren melden.
Hinweis:
Die nationalen Schwellenwerte für die Anwendung der Kleinunternehmerreglung sind dem Vernehmen nach in den EU-Mitgliedstaaten nicht einheitlich festgelegt und können auch branchenabhängig sein. Darüber hinaus haben vereinzelte EU-Mitgliedstaaten die EU-Kleinunternehmerregel (noch) nicht in nationales Recht umgesetzt. Sollten die nationalen Schwellen überschritten werden, ist die Kleinunternehmerregel zwar innerhalb der EU grundsätzlich noch anwendbar, nicht jedoch im Staat der überschrittenen Umsatzschwelle.
eRechnungen
Hinsichtlich der zukünftig verpflichtenden Ausstellung von eRechnungen im inländischen B2B-Bereich gibt es nun im Vergleich zu den ursprünglichen gesetzlichen Regelungen doch noch Erleichterungen für Kleinunternehmen. Zwar sind diese ab 1.1.2025 weiterhin verpflichtet, eRechnungen empfangen zu können. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, selbst eRechnungen ausstellen zu müssen.
neue Frist für Verzicht auf Kleinunternehmerregelung
Bisher konnten Unternehmen bis zur Unanfechtbarkeit der Steuerfestsetzung auf die Kleinunternehmerregelung verzichten.
Ab 2025 kann der Verzicht bis Ende Februar des übernächsten Kalenderjahres, das auf den Besteuerungszeitraum folgt, erklärt werden. Es kann also zu einer Verkürzung der Frist kommen.