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UMSATZSTEUERSATZ-ÄNDERUNGEN

AUTOHAUS-ARTIKEL VOM 21.09.2020
Im Rahmen der Umsatzsteuersatz-Änderungen zum 1. Juli 2020 sowie insbesondere zum 1. Januar 2021 stellt sich regelmäßig die Frage, ob auch zivilrechtlich die Berechtigung oder gar Verpflichtung besteht, die Entgelte bei bereits vorab geschlossenen Verträgen anzupassen. Um solche Rechtsunsicherheiten zu vermeiden, sollte bereits frühzeitig bei jedem Vertragsab­schluss Vorsorge getroffen werden.

Mit dem Abschluss von Kauf- und anderen Verträgen, wird regelmäßig auch die zu entrich­tende Gegenleistung festgelegt. Wenn hierbei von einem anderen Umsatzsteuersatz als dem­jenigen ausgegangen wird, welcher dann anschließend für die Lieferung anfällt, kann es leicht zu Unstimmigkeiten zwischen den Vertragsparteien kommen, ob und ggfls. wie die vereinbarte Gegenleistung auf Grund der Umsatzsteuersatzänderung anzupassen ist.

Beispiel:

Der Kfz-Händler H schließt mit dem Kunden K am 20. September 2020 einen Kaufvertrag über die Lieferung eines Neufahrzeugs. Die Auslieferung soll am 20. Dezember 2020 erfolgen. Da­her wird ein Kaufpreis von EUR netto 50.000,- zzgl. 16% Umsatzsteuer in Höhe von EUR 8.000,- und somit insgesamt EUR 58.000,- vereinbart. Auf Grund von Logistikproblemen er­folgt die tatsächliche Auslieferung an den Kunden jedoch erst am 7. Januar 2021. Daher muss der Händler für diese Lieferung 19% Umsatzsteuer an den Fiskus entrichten.

Für die Berechnung des Umsatzsteuerbetrages kommen prinzipiell zwei Lösungsmöglichkei­ten in Frage. Zum einen könnten die 19% Umsatzsteuer aus dem vereinbarten Bruttokaufpreis herausgerechnet werden. In Folge dessen entsteht eine Umsatzsteuer in Höhe von EUR 58.000,- / 1,19 x 19% = EUR 9.260,50. Das neue Nettoentgelt beträgt somit EUR 48.739,50. Dadurch kommt es für den Händler zu einer Erlösminderung von EUR 50.000,- ./. EUR 48.739,50 = EUR 1.260,50.

Alternativ könnte bei einem konstanten Nettokaufpreis von EUR 50.000,- eine Anpassung des Bruttokaufpreises nach oben hin erfolgen. In Folge dessen müsste der Käufer einen höheren Bruttokaufpreis von EUR netto 50.000,- zzgl. 19% Umsatzsteuer in Höhe von EUR 9.500,- = EUR 59.500,- bezahlen.

Welche dieser zwei Rechenvarianten zur Anwendung kommt, kann nicht pauschal beurteilt werden. Dies ist immer eine Frage der vertraglichen Bedingungen des Einzelfalls.

Eine Ausnahme sind langfristige Verträge, welche bereits mehr als 4 Monate vor der Steuer­satzänderung geschlossen wurden. Hier besteht nach § 29 UStG eine gesetzliche Verpflich­tung, dass – sofern die Vertragsparteien nichts Anderes individuell vereinbart haben – ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Steuersatzänderung erfolgen muss.

Nichtsdestotrotz empfiehlt sich hinsichtlich von Kauf- bzw. Dienstleistungsverträgen, bei de­nen Abschluss (z.B. 2. Halbjahr 2020) und Ausführung (z.B. 2021) zeitlich aus­einanderfallen, zumindest bei Unternehmenskunden eine Preisanpassungsklausel zu vereinbaren, um sicher­zustellen, dass der Kunde nach einer Steuersatzerhöhung dann auch den Bruttopreis entrich­ten muss. So kann auch bei Sachverhalten, bei denen Ab­schluss und Auslieferung weniger als 4 Monate auseinanderliegen, ein Zahlungsan­spruch auf den ggfls. höheren Bruttokaufpreis bestehen.

Mögliche, unseres Wissens jedoch bislang noch nicht gerichtlich überprüfte Preisanpassungs­klauseln könnten zum Beispiel sein:

Beispiel A:
„Netto-Kaufpreis Fahrzeug...EUR
zzgl. 19% Umsatzsteuer…EUR
Gesamtpreis…EUR

Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass sich die Umsatzsteuer dann von 19% auf 16% ermäßigt, wenn das Fahrzeug vor dem 1.1.2021 an den Kunden übergeben wird.“

Beispiel B:

„Der Kfz-Händler H und Frau/Herr XY haben sich nach eingehender Erörterung einvernehm­lich darauf geeinigt, dass bei der Auslieferung des Fahrzeugs nach dem 31.12.2020 der auf Grund der Umsatzsteuersatzerhöhung erhöhte Kaufpreis von EUR … zzgl. EUR … Umsatz­steuer 19%, somit insgesamt EUR …, zu zahlen ist.“

Bei Privatkunden sind AGB-mäßige Preisgleitklauseln jedoch verboten. Daher müssten für Privatkunden diesbezüglich individuelle Vereinbarungen getroffen werden. Individuell bedeu­tet, dass mit dem Kunden zunächst die oben dargestellte Umsatzsteuerproblematik bespro­chen wird. Anschließend muss im Kaufvertrag der Kaufpreis nach Steuersatzänderung unter Angabe des neuen, höheren Umsatzsteuersatzes ausdrücklich betragsmäßig beziffert wer­den. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass für individuelle Vereinbarungen hohe Hürden bestehen.

Insgesamt weisen wir daraufhin, dass es zu dem Themenbereich noch keine gesicherte Rechtsprechung, etc. gibt, sodass eine gewisse Rechtsunsicherheit besteht. Wohl vorzugswürdig ist die Formulierung im Beispiel A, da hier eine Preissenkung vereinbart wird. Dies muss aber für jeden Einzelfall separat beurteilt werden. Eine allgemeine Empfehlung kann daher dieser Artikel hier ausdrücklich nicht sein.

Die vorstehenden Ausführungen wurden sorgfältig recherchiert und basieren auf den aktuell von den Behörden und der Regierung herausgegebenen Informationen, sie dienen lediglich als Information und ersetzen keine individuelle Einzelberatung.

Wir bitten um ihr Verständnis, dass wir keinerlei Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit und Voll­ständigkeit der bereitgestellten Informationen übernehmen können.

Autoren:

Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater

Stan Guthmann
Steuerberater


Kurzfassung:

1. Durch die Umsatzsteuersatz-Änderungen zum 01.07.2020 und 01.01.2021 besteht dringender Handlungsbedarf.

2.Bei langfristigen Verträgen, welche bereits mehr als 4 Monate vor der Steuer­satzänderung geschlossen wurden, besteht nach § 29 UStG eine gesetzliche Verpflich­tung, dass – sofern die Vertragsparteien nichts Anderes individuell vereinbart haben – ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Steuersatzänderung erfolgen muss.

3. Eine allgemeingültige Empfehlung kann nicht gegeben werden, jeder Fall muss individuell beurteilt werden.

Kommentar:

Für den Zeitraum 01.07.2020 bis 31.12.2020 wurden die Mehrwertsteuersätze von 19 % auf 16 % und von 7 % auf 5 % gesenkt. Entscheidend ist hierbei das Liefer- bzw. Leistungsdatum. Der Umstellungsaufwand und Beratungsbedarf ist enorm. Zudem besteht in Einzelfragen enorme Rechtsunsicherheit. Ob sich die Betriebsprüfer in ein paar Jahren an die Sonderumstände wegen Corona erinnern, bleibt abzuwarten. Insgesamt kann daher nur geraten werden, dass alle Vorgänge gut dokumentiert werden.

Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater





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