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ZOLLRECHTLICHE RISIKEN BEI DER BEARBEITUNG VON DRITTLANDS­FAHRZEUGEN

AUTOHAUS ARTIKEL VOM 21.03.2022
Drittlandsfahrzeuge können aus zollrechtlicher Sicht vergleichsweise unproblematisch bearbeitet werden, soweit es lediglich die Wiederherstellung des Fahrzeugs in den vorherigen Zustand betrifft und damit keine beträchtliche Werterhöhung einhergeht (typische „Liegenbleiberfälle“). Aus zoll- und damit auch einfuhrumsatzsteuerlicher Sicht risikobehaftet sind jedoch vor allem diejenigen Fälle, in denen ein Umbau oder Tuning von Fahrzeugen erfolgt. Hier müssen insbesondere zollrechtliche Formalitäten beachtet werden.

Das Zollrecht ist ein besonders formelles Recht. Werden Gegenstände aus dem Drittland in das Gemeinschaftsgebiet eingeführt, muss aus zollrechtlicher Sicht zunächst geklärt werden, in welchem zollrechtlichen Verfahren sich die Gegenstände befinden.
Fahrzeuge, die

werden im Rahmen einer sogenannten vorübergehenden Verwendung in das europäische Zollgebiet eingeführt. Hierfür fallen in der Regel keine Einfuhrabgaben an.

Hierunter fallen beispielsweise

Werden Gegenstände (z. B. ein Fahrzeug) jedoch im Rahmen einer sogenannten aktiven Veredelung in das europäische Zollgebiet eingeführt, sind die zu beachtenden zollrechtlichen Formalitäten deutlich anspruchsvoller. Erfolgt hierbei ein Verstoß, fallen in der Regel Einfuhrabgaben an – und zwar auf den gesamten Wert des Gegenstands (Fahrzeugs)! Schuldner dieser Einfuhrabgaben ist zwar grundsätzlich der Fahrzeughalter. Die Werkstatt, die die Arbeiten im Rahmen einer aktiven Veredelung ausführt, haftet jedoch für die Entrichtung der gesamten Einfuhrabgaben! Stellt daher eine deutsche Werkstatt fest, dass ein aktives Veredelungsverfahren trotz entsprechender Verpflichtung nicht beantragt wurde,sollte geprüft werden, inwieweit eine Art Selbstanzeige beim Zoll möglich ist. Denn dann kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Erlass der EU-Einfuhrabgaben in Frage kommen. Sollte der Zoll jedoch einen nicht ordnungsgemäß durchgeführten Veredelungsvorgangs aus anderen Gründen nachträglich erkennen, ist damit zu rechnen, dass die gesamten Einfuhrabgaben festgesetzt werden.

Der Zoll geht immer dann von einem aktiven Veredelungsverfahren aus, wenn aus der Bearbeitung des Fahrzeugs eine

resultiert. Zur leichteren Abgrenzung, wann bei Werkstattarbeiten an Fahrzeuge eine vorübergehende Verwendung und wann die Anmeldung eines aktiven Veredelungsverfahren notwendig ist, hat die Zollverwaltung diese Orientierungshilfe veröffentlicht.


Unerheblich ist, ob bei einer Reparatur des Fahrzeuges der Schaden innerhalb oder außerhalb des Zollgebiets entstanden ist und ob es sich um eine geplante Reparatur oder eine Wartung handelt. Auf eine bereits im Zeitpunkt der Einfuhr bestehende Absicht, eine Reparatur durchführen zu lassen, kommt es ebenfalls nicht an. Auch ist der Wert der vorgenommenen Handlungen nicht isoliert zu betrachten. Fahrzeuge, die nicht auf eigener Achse fahrend in das Zollgebiet der Union ausschließlich zur Reparatur eingeführt werden, sind ebenfalls in die aktive Veredelung zu überführen.

Die Bewilligung der aktiven Veredelung durch den Zoll muss vor dem Beginn der Veredelungstätigkeiten, jedoch nicht zwingend im Zeitpunkt der Einfuhr in das Zollgebiet der EU, durch Gestellung des Fahrzeugs beim Zoll sowie eine Zollanmeldungbeantragt und erteilt werden. Erfolgt die Einfuhr als Beförderungsmittel, befindet sich das Fahrzeug zunächst in der vorübergehenden Verwendung – insoweit kann beispielsweise noch eine Fahrt bis zur Werkstatt einfuhrabgabenfrei im Rahmen der vorübergehenden Verwendung vorgenommen werden.

Für die Bewilligung eines aktiven Veredelungsverfahrens muss der Antragsteller grundsätzlich im Zollgebiet der Europäischen Union ansässig sein (z.B. deutsche Werkstatt). Bei Fahrzeugen kann der Antragsteller jedoch ausnahmsweise auch außerhalb der Europäischen Union ansässig sein (z. B. Schweizer Fahrzeughalter), wenn eine entsprechende Zollanmeldung erfolgt und der Antragsteller dies nur gelegentlich tut (weniger als 10-mal pro Jahr).

Zu beachten ist weiterhin, dass der Zoll bei der Durchführung eines aktiven Veredelungsvorgangs eine Sicherheitsleistung verlangen kann. Bei Schweizer Kunden ist sowohl eine Barsicherheit als auch eine Bürgschaft eines in der EU akkreditierten Kreditinstituts möglich. Weiterhin wird in der zollamtlichen Bewilligung des Verfahrens der aktiven Veredelung üblicherweise eine Frist festgesetzt, innerhalb der die Waren oder Erzeugnisse

werden müssen. Diese Frist wird in der Bewilligung unter Berücksichtigung des erforderlichen Zeitaufwands für die Durchführung der Veredelungsvorgänge und für den Absatz der Veredelungserzeugnisse festgelegt.

Stan Guthmann
Steuerberater


Kurzfassung:

  1. Drittlandsfahrzeuge können aus zollrechtlicher Sicht vergleichsweise unproblematisch bearbeitet werden, soweit es lediglich die Wiederherstellung des Fahrzeugs in den vorherigen Zustand betrifft und damit keine beträchtliche Werterhöhung einhergeht (typische „Liegenbleiberfälle“)
  2. Aus zoll- und damit auch einfuhrumsatzsteuerlicher Sicht risikobehaftet sind jedoch vor allem diejenigen Fälle, in denen ein Umbau oder Tuning von Fahrzeugen erfolgt.
  3. Bei einer aktiven Veredelung von Drittlandsfahrzeugen sind die zollrechtlichen Formalitäten zu berücksichtigen. Insbesondere haftet die Werkstatt, die die aktive Veredelung ausführt für die gesamten Einfuhrabgaben – welche sich bei formalen Verstößen auf den gesamten Wert des Fahrzeugs beziehen können.


Kommentar:

Viele Unternehmen sind der Auffassung, dass zoll- oder einfuhrumsatzsteuerliche Sachverhalte sie gar nicht betreffen. In vielen Situationen trifft das auch zu. So sind die klassischen Liegenbleiberfälle bei Drittlandsfahrzeugen, z.B. aus der Schweiz, in der Regel unproblematisch. Werden aber an einem Drittlandsfahrzeug in einer deutschen Kfz-Werkstatt Tuning- oder Umbauarbeiten, z.B. Einbau einer Anhängerkupplung, durchgeführt, greifen die zoll- und einfuhrumsatzsteuerlichen Vorschriften. Zwar ist grundsätzlich der Fahrzeughalter auch Schuldner der Einfuhrabgaben, aber die Werkstatt haftet daneben für die gesamten Einfuhrabgaben und das kann teuer werden.

Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater






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