DER VORSTEUERABZUG UND DIE BETRIEBSVERAN-STALTUNG
AUTOHAUS ARTIKEL VOM 04.09.2023
In wenigen Wochen heißt es in München wieder „O´zapft is!“. Und auch die ersten „Save the Date“ Erinnerungen für die bevorstehenden Weihnachtsfeiern füllen so langsam die Kalender. Es gibt daher kaum einen besseren Zeitpunkt, um sich mit steuerlichen Themen hinsichtlich einer Betriebsveranstaltung zu befassen. Hinzu kommt ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH), in dem er über den Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen zu entscheiden hatte.
Bevor es jedoch um die brandaktuelle Entscheidung des BFH geht, folgt eine kurze Auffrischung zum Thema Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen. Denn was wäre die Praxis ohne die Theorie und umgekehrt?
Was ist der Vorsteuerabzug und was gilt bei Betriebsveranstaltungen?
Bezieht der Unternehmer eine steuerpflichtige (Eingangs-) Leistung und erbringt der Unternehmer seinerseits eine steuerpflichtige Ausgangsleistung, ist er zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt. Eingangs- und Ausgangsumsatz müssen danach grundsätzlich in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen. Dies bedeutet für den Unternehmer, dass ihm das Recht auf Vorsteuerabzug immer dann zusteht, soweit er Leistungen für sein Unternehmen, also im Unternehmensinteresse, bezieht und zur Erbringung entgeltlicher Leistungen verwendet.
Besteht ein solcher Zusammenhang nicht, da eine Eingangsleistung nicht im Unternehmensinteresse, sondern im Zusammenhang mit bspw. privaten Belangen steht, so kann die Berechtigung zum Vorsteuerabzug entfallen. Und genau das kann bei Betriebsveranstaltungen passieren.
Für den Vorsteuerabzug bei Betriebsveranstaltungen kommt es darauf an, ob der Wert der Aufmerksamkeiten an den Arbeitnehmer den Betrag von 110 Euro brutto übersteigt oder nicht. Übersteigt der Wert nicht den Betrag von 110 Euro, handelt es sich um eine übliche, aus überwiegend unternehmerischem Interesse veranlasste Betriebsveranstaltung. In diesem Fall hat der Unternehmer weder eine Ausgangsleistung zu versteuern noch bestehen Einschränkungen beim Vorsteuerabzug.
Beispiel
Arbeitgeber A veranstaltet das Sommerfest des Autohauses und lädt dazu 50 Arbeitnehmer ein. Die Kosten für das Fest belaufen sich dabei auf 3.500,00 Euro brutto. Da alle 50 Arbeitnehmer auch tatsächlich teilnehmen, ergibt sich ein pro Kopf Anteil von 70 Euro pro Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber A ist in diesem Fall zum Vorsteuerabzug berechtigt.
Beispiel
Der Sachverhalt ist wie im vorstehenden Beispiel, nur nehmen an der Veranstaltung tatsächlich nur 25 Arbeitnehmer teil. Hier ergibt sich daher ein pro Kopf Anteil von 140 Euro pro Person. Somit wird die Grenze von 110 Euro brutto überschritten, daher steht der private Bedarf des Arbeitnehmers im Vordergrund und ein Vorsteuerabzug entfällt.
Und was sagt nun der BFH in dem aktuellen Urteil vom 10.05.2023?
In dem zu entscheidenden Fall veranstaltete der Arbeitgeber im Dezember 2015 eine Weihnachtsfeier. Zu der Veranstaltung waren alle Arbeitnehmer der Bereiche Vorstand, Steuerabteilung, Rechtsabteilung sowie Innendienst der Prüfungsabteilungen eingeladen.
Zu dieser meldeten sich 32 Arbeitnehmer an. 31 Personen nahmen tatsächlich an der Veranstaltung teil.
Der Kläger mietete zur Durchführung der Veranstaltung ein Kochstudio, um dort ein Kochevent zu veranstalten. Die Teilnehmer bereiteten unter Anleitung zweier Köche ein Abendessen zu, dass sie im späteren Verlauf gemeinsam verzehrten. Für das „Kochevent für 32 Personen“ wurden dem Arbeitgeber 3.919,90 Euro zzgl. 744,78 Euro Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Auf jeden teilnehmenden Arbeitnehmer entfielen Kosten in Höhe von etwa 150 Euro.
Das Finanzamt lehnte einen Vorsteuerabzug mit der Begründung ab, dass Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst seien, wenn die Aufwendungen die Freigrenze von 110 Euro inkl. Umsatzsteuer übersteigen.
Nachdem der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, reichte der Arbeitgeber Klage beim FG Hamburg ein.
Das FG Hamburg wies die Klage als unbegründet ab.
Gegen diese Entscheidung legte der Arbeitgeber Revision ein.
Der BFH teilt die Auffassung des Finanzamtes und des FG Hamburg. Der Vorsteuerabzug wurde auch vom BFH versagt.
Zieht der Unternehmer Leistungen für Betriebsveranstaltungen, ist er nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die bezogenen Leistungen nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Arbeitnehmer dienen, sondern durch die wirtschaftliche Tätigkeit des Arbeitgebers bedingt ist. Bei sogenannten „Team Building Events“, wie vorliegend angenommen, bei denen es um die Förderung des Betriebsklimas durch gemeinsame Freizeitgestaltung gehe, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang zum privaten Bedarf der Arbeitnehmer vor. Damit liegt eine Entnahme vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine Aufmerksamkeit, die ausnahmsweise zum Vorsteuerabzug berechtigen würde, liegt nicht vor. Zur einheitlichen Rechtsanwendung hat sich der BFH im umsatzsteuerlichen Bereich am Lohnsteuerrecht orientiert und eine Aufmerksamkeit angenommen, wenn die Freigrenze von 110 Euro nicht überschritten wurde. Dass der Gesetzgeber nun die Regelung im Einkommensteuerrecht angepasst hat und aus der Freigrenze einen Freibetrag gemacht hat, bleibt im Umsatzsteuerrecht folgenlos. Hier bleibt es bei der Anwendung der Freigrenze, so der BFH.
Letztlich ergänzt der BFH noch, dass diese Weihnachtsfeier nicht in einzelne Leistungen aufgeteilt werden kann, um zumindest für einen Teil der Leistungen zu einem Vorsteuerabzug zu gelangen. Denn es liegt eine einheitliche Leistung vor, dessen Aufspaltung künstlich erschiene.
Im Ergebnis daher eine wenig überraschende Entscheidung des BFH. Mit seiner Argumentation folgt er der gängigen Praxis der Finanzverwaltung.
Kurzfassung:
- Es gibt keinen Vorsteuerabzug, wenn die Zuwendungen nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, sondern dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, ein mittelbares Unternehmensinteresse (Stichwort: Team Building) reicht nicht aus.
- Private Veranlassung (>110 Euro brutto) und Unternehmensinteresse (<110 Euro brutto) schließen sich aus. Ersteres führt zum Versagen des Vorsteuerabzuges.
- Auch durch diese Entscheidung ändert sich nichts an der Anwendung der 110 Euro Schwelle für Aufmerksamkeiten – das Umsatzsteuerrecht bleibt hartnäckig und so bleibt es bei einer Freigrenze.
Christin Sutera
Rechtsanwältin
Kommentar:
Entscheidendes Kriterium in der Lohnsteuer ist der Brutto-Freibetrag von 110,00 Euro pro Arbeitnehmer, der für jede der zwei steuerlich begünstigten Betriebsveranstaltungen heranzuziehen ist. Wird für die Betriebsveranstaltung nicht mehr als 110,00 Euro brutto pro Arbeitnehmer ausgegeben, dann ist die Betriebsveranstaltung nicht als Zuwendung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer zu behandeln und somit lohnsteuerfrei. Dieser Betrag spielt sowohl für die Lohnsteuer als auch für die Umsatzsteuer eine große Rolle, wobei zu beachten ist, dass in der Lohnsteuer ein 110 Euro Brutto-Freibetrag gilt, während in der Umsatzsteuer die 110 Euro Schwelle weiterhin eine Freigrenze ist.
Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater