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MYSTERY SHOPPING DES FINANZAMTS

GW-TRENDS VOM 06.11.2023
Bekanntermaßen steht beim Mystery Shopping üblicherweise eine Bewertung der Qualität von Verkaufsberatung und Service im Vordergrund. Deshalb nutzen viele Hersteller dieses Instrument als bonusrelevantes Element. Weniger bekannt ist jedoch, dass auch die Finanzverwaltung Testkäufe durchführt – gegebenenfalls mit ebenso negativen finanziellen Konsequenzen.

Rückblick

Seit dem 1. Januar 2020 – unter Umständen auf Grund einer Fristverlängerung bis längstens 31. März 2021 – sind sogenannte elektronische Aufzeichnungssysteme durch eine sogenannte zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) zu schützen. Ziel dieser Regelung ist, dass zukünftig steuerrelevante Geschäftsvorfälle nicht mehr nachträglich so geändert werden können, dass die ursprüngliche Erfassung nicht mehr sichtbar ist. Dabei wird nicht danach unterschieden, ob es sich um ein großes, bilanzierendes Unternehmen oder um einen kleineren Händler, welcher seinen Gewinn mittels Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, handelt. Es sind schlichtweg alle Steuerpflichtige mit elektronischen Kassen betroffen.

Elektronische Aufzeichnungssysteme im Sinne dieser Regelung sind elektronische oder computergestützte Kassensysteme oder Registrierkassen. Nicht als elektronische Aufzeichnungssysteme gelten dagegen zum Beispiel Fahrscheinautomaten und Fahrscheindrucker, Kassen- und Parkscheinautomaten der Parkraumbewirtschaftung sowie Ladepunkte für Elektro- oder Hybridfahrzeuge, elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Taxameter und Wegstreckenzähler, Geldautomaten sowie Geld- und Warenspielgeräte.

Kommt ein solches vorgenanntes elektronisches Aufzeichnungssystem zum Einsatz, muss für jede Aufzeichnung eines Geschäftsvorfalls oder anderen Vorgangs im Sinne abgabenrechtlichen Regelung unmittelbar eine neue Transaktion gestartet werden. Die Aufzeichnungen zur Transaktion haben zu enthalten:
  • die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls,
  • die Art des Vorgangs,
  • die Daten des Vorgangs,
  • die Zahlungsart,
  • eine eindeutige und fortlaufende Transaktionsnummer,
  • den Zeitpunkt des Vorgangbeginns,
  • den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung oder des Vorgangsabbruchs sowie
  • einen Prüfwert.
Die vier letztgenannten Daten werden dabei manipulationssicher durch das Sicherheitsmodul festgelegt. Die Transaktionsnummer muss zudem so beschaffen sein, dass Lücken in Transaktionsaufzeichnungen erkennbar sind. Weiterhin sind alle Daten elektronisch zu archivieren.

Amtlich anerkannte Kassensysteme gibt es dabei nicht. Nichtsdestotrotz sollte man sich beim Kauf einer neuen elektronischen Registrierkasse vom Kassenhersteller bzw. Lieferanten bestätigen lassen, dass die Kasse den gesetzlichen Vorschriften sowie den „Grundsätzen der ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD)“ der Finanzverwaltung entspricht. Eine Bindungswirkung gegenüber der Finanzverwaltung besteht zwar nicht, aber gegebenenfalls besteht so eine zivilrechtliche Absicherung gegenüber dem Kassenhersteller bzw. Lieferanten.
Bei nicht ordnungsgemäßer Verwendung gesicherter Kassensysteme können Ordnungsgelder von bis zu 25.000 Euro verhängt werden – sofern der Sachverhalt nicht als strafbare Steuerhinterziehung anzusehen ist!

Wichtig ist jedoch, dass keine Verpflichtung besteht, eine elektronische Registrierkasse zu verwenden. Das heißt, dass auch weiterhin eine sogenannte offene Ladenkasse verwendet werden darf. Für diese ist zwingend täglich ein Kassensturz durchzuführen. Hierfür empfiehlt es sich, jeweils ein Zählprotokoll anzufertigen.

Belegausgabepflicht

Weiterhin gilt in diesen Fällen eine Belegausgabepflicht, wobei dieser Beleg auch elektronisch ausgegeben werden darf. Alle Angaben müssen für jedermann ohne maschinelle Unterstützung lesbar oder aus einem QR-Code auslesbar und auf dem Papierbeleg oder in dem elektronischen Beleg enthalten sein.

Der Beleg muss mindestens folgende Angaben enthalten:
  • Den vollständigen Namen und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers.
  • Das Datum der Belegausstellung und den Zeitpunkt des Vorgangsbeginns sowie den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung.
  • Die Menge und die Art der gelieferten Gegenstände oder den Umfang und die Art der sonstigen Leistung.
  • Die Transaktionsnummer.
  • Das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag (nicht bei Lieferscheinen etc.) für die Lieferung oder sonstige Leistung in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz oder im Fall einer Steuerbefreiung einen Hinweis hierauf.
  • Die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls. Auf dem Beleg ist die protokollierte Seriennummer anzugeben.
  • Betrag je Zahlungsart.
  • Signaturzähler.
  • Prüfwert.

Von der Belegausgabepflicht kann man sich lediglich dann auf Antrag befreien lassen, wenn man Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen verkauft – was in Autohäusern regelmäßig nicht der Fall sein dürfte. Kunden sind nicht zur Annahme der ausgegebenen Belege verpflichtet. In diesen Fällen darf der ausgegebene Beleg vernichtet werden.

Kassennachschau

Als besonderes zeitnahes Prüfinstrument der Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und der ordnungsgemäßen Übernahme der Kassenaufzeichnungen in die Buchführung steht der Finanzverwaltung die sogenannte Kassennachschau zur Verfügung. Diese betrifft jede Art von Kassen und deren zugehörige Aufzeichnungen, also auch offene Ladenkassen. Damit können Finanzbeamte ohne vorherige Ankündigung und außerhalb einer Betriebsprüfung während der üblichen Geschäfts- und Arbeitszeiten Geschäftsgrundstücke und –räume betreten, um die Verwendung der verwendeten Kassen zu prüfen. Dabei müssen auf Verlangen des Finanzbeamten Auskünfte erteilt, die Kassendaten elektronisch zur Verfügung gestellt oder ergänzende Unterlagen (Verfahrensanleitung etc.) ausgehändigt werden. Zudem kann die Sicherheitseinrichtung überprüft werden. Werden dabei Unstimmigkeiten festgestellt, ist der Finanzbeamte dazu berechtigt, seine Kassenprüfung unverzüglich zu einer umfassenden Betriebsprüfung auszuweiten.

Im Rahmen einer Kassennachschau dürfen die Finanzbeamte auch die Kassen und ihre Handhabung in den öffentlichen Räumen beobachten, ohne sich vorab mit einem Ausweis erkenntlich zu zeigen. Gleiches gilt für die Durchführung von Testkäufen.
Wie das Finanzministerium in Thüringen kürzlich mitgeteilt hat, wird das Instrument der unangekündigten Nachschau mit zunächst stillen Beobachtungen und Testkäufen inzwischen rege genutzt. Laut der Finanzministerin würden Kassennachschauen häufig so „geräuschlos“ ablaufen, dass der überprüfte Betrieb die Nachschau gar nicht mitbekommt. Das Mystery-Shopping der Finanzverwaltung scheint also – vermutlich nicht nur in Thüringen – sehr gut zu funktionieren.

Stan Guthmann
Steuerberater



Kommentar:

Neben der Verpflichtung zur Einführung einer technischen Sicherheitseinrichtung bei Nutzung elektronischer Aufzeichnungssysteme sowie einer Belegausgabe, sind die betroffenen Steuerpflichtigen darüber hinaus auch gesetzlich verpflichtet, zum Januar 2020 sowie danach binnen eines Monats nach In-/Außerbetriebnahme solch eines neuen manipulationssicheren elektronischen Kassensystems, dies dem Finanzamt anzuzeigen. Meldepflichtig sind hierbei unter anderem die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung; Art, Anzahl, Seriennummer und Tag der Anschaffung der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme sowie das Datum der Außerbetriebnahme des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems. Gemäß einem aktuellen Gesetzesentwurf soll für ab 2027 angeschaffte elektronische Aufzeichnungssysteme mit elektronischer Sicherheitseinrichtung noch die Angabe zur Betriebsstätte, in welcher das Aufzeichnungssystem mit Sicherheitseinrichtung eingesetzt wird, hinzukommen. Im Gegenzug sollen zeitgleich die Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme sowie die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nicht mehr gemeldet werden müssen.
Bislang hat die Finanzverwaltung diese Meldepflicht jedoch ausgesetzt, da aktuell noch keine elektronische Übermittlungsmöglichkeit zur Verfügung steht. Nach letzten Informationen soll diese Meldung nicht mehr dieses Jahr, sondern voraussichtlich im Laufe des Jahres 2024 möglich sein – also letztendlich 3 bis 4 Jahre nach Einführung der gesetzlichen Meldeverpflichtung! Je nach Blickwinkel könnte man hier sowohl von Verwaltungsversagen oder auch (vorübergehender) Bürokratievermeidung sprechen...

Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater






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