STEUERRECHTLICHE ZINSEN
AUTOHAUS-ARTIKEL VOM 07.05.2025

Im Sommer 2022 hat der Bundestag und der Bundesrat das Zweite Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung verabschiedet. Darin wird vor allem der neue Zinssatz nach § 233a Abgabenordnung (AO) in Höhe von 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) geregelt.
Hintergrund:
Das Bundesverfassungsgericht hat Mitte August 2021 entschieden, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen in Höhe von 0,5 % pro Monat seit dem 01.01.2014 verfassungswidrig ist, wobei zu berücksichtigen ist, dass für Verzinsungszeiträume vom 01.01.2014 bis zum 31.12.2018 die bisherige Verzinsung jedoch weiterhin galt. Erst für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 musste der Gesetzgeber eine Neuregelung bis zum 31.07.2022 vorlegen.
Das Gesetz sieht jetzt vor, dass für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 rückwirkend ein Zinssatz von 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) angesetzt wird. Sind für einen Zinslauf unterschiedliche Zinssätze maßgeblich, ist der Zinslauf in Teilverzinsungszeiträumeaufzuteilen, für die die Zinsen jeweils tageweise zu berechnen sind. Hierbei wird jeder Kalendermonat unabhängig von der tatsächlichen Anzahl der Kalendertage mit 30 Zinstagen und jedes Kalenderjahr mit 360 Tagen gerechnet. Die Angemessenheit des Zinssatzes ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle 2 Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume zu evaluieren, erstmals zum 01.01.2024. Weiterhin wird die bisherige einjährige Festsetzungsfrist für Zinsen auf zwei Jahre verlängert.
Keine Änderungen gibt es hingegen bei den Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen. So lautet die Gesetzesbegründung dazu: „Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erstreckt sich ausdrücklich nicht auf andere Verzinsungstatbestände nach der Abgabenordnung zulasten der Steuerpflichtigen, namentlich auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen nach den §§ 234, 235 und 237 AO.
Die Frage, ob auch für andere Zinsen nach der AO oder den Einzelsteuergesetzen als Nachzahlungs- und Erstattungszinsen nach § 233a AO sowie für Säumniszuschläge nach § 240 AO eine Neuregelung des Zinssatzes erfolgen soll, soll nicht in diesem Gesetz beantwortet werden.“
Höhe der Säumniszuschläge – aktuelle Entscheidung des X. BFH-Senats
Der X. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) (u.a. zuständig für Einkommensteuer, etc.) hat mit Beschluss vom 21.03.2025, veröffentlicht am 10.04.2025, entschieden, dass bei summarischer Prüfung entgegen der Ansicht des Finanzgerichts Köln keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge bestehen, zumindest ab März 2022.
Denn mit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 und den dadurch auch in der Bundesrepublik Deutschland ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen hat sich die Lage auf den Geld- und Kapitalmärkten grundlegend verändert. Der Kriegsbeginn hat eine klare und sogleich für jeden erkennbare Ursache dafür gesetzt, dass die Zinssätze in der Folgezeit deutlich und sehr schnell gestiegen sind. Die ausgeprägte Niedrigzinsphase der Vorjahre hatte damit ein Ende gefunden. Dieses gestiegene Zinsniveau hat bis heute Bestand; es handelt sich also nicht um eine kurzfristige Schwankung des Marktzinses, sondern um eine grundlegende ‑‑und damit im Rahmen einer etwaigen Prüfung der Angemessenheit der gesetzlichen Typisierung eines Zinssatzes zu berücksichtigende‑‑ Änderung der Verhältnisse.
BFH-Beschluss vom 28.10.2022 - keine verfassungsrechtlichen Bedenken
Der VI. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) (u.a. zuständig für Einkommensteuer, etc.) hat entschieden, dass bei summarischer Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlich festgelegten Höhe der Säumniszuschläge bestehen.
BFH-Urteil vom 15.11.2022 - keine verfassungsrechtlichen Bedenken
Der VII. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) (u.a. zuständig für Zölle und Verbrauchsteuern, etc.) hat mit Urteil vom 15.11.2022, das am 30.03.2023 veröffentlicht wurde, entschieden, dass die Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß ist.
Hinweis:
Es zeigt sich mittlerweile über die verschiedenen BFH-Senate hinweg, dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe Säumniszuschläge gibt. Dabei wird sich insbesondere auf folgende Punkte gestützt:
Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater
Kurzfassung:
1. Für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2019 wird rückwirkend ein Zinssatz von 0,15 % pro Monat (1,8 % pro Jahr) angesetzt.
2. Die Angemessenheit des Zinssatzes ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle 2 Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume zu evaluieren, erstmals zum 01.01.2024.
3.Bei der Höhe der Versäumniszuschläge hat sich jetzt bei den verschiedenen Senaten herauskristallisiert, dass diese verfassungsgemäß sind.
Kommentar:
Interessanterweise ist in dem Bereich der Aussetzungszinsen hingegen etwas Bewegung, da hier der Bundesfinanzhof eine andere Meinung vertritt im Vergleich zu der Höhe des Säumniszuschlages.Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hält den gesetzlichen Zinssatz von 6 % p.a. für sogenannte Aussetzungszinsen für verfassungswidrig. Er hat daher mit Beschluss vom 08.05. 2024 – VIII R 9/23 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) angerufen. Es bleibt also weiterhin spannend, wie nun das Bundesverfassungsgericht die Thematik der Aussetzungszinsen beurteilt.
Barbara Muggenthaler
Wirtschaftsprüferin | Steuerberaterin