KURZARBEIT IN DER CORONAKRISE 2
SONDERNEWSLETTER 1/2020 VOM 17.03.2020
Neue Rechtslage durchArbeit-von-morgen-Gesetz:
Am 13.03. haben sowohl Bundestag als auch Bundesrat das „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ verabschiedet. Die neue Rechtslage soll bereits rückwirkend ab 01. März 2020 in Kraft treten.
- Absenkung des Quorums der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, auf 10 % (statt nach bisheriger Rechtslage 30%).
- Teilweise oder vollständiger Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden.
- Ermöglichung des Kurzarbeitergeldbezugs auch für Leiharbeitnehmer.
- Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit.
Die neuen gesetzlichen Erleichterungen sind derzeit bis zum 31.12.2021 befristet.
Vorgehen bei Kurzarbeit:
1. Einigung mit den Arbeitnehmern/ Arbeitnehmervertretern
Der Arbeitgeber kann eine Kurzarbeit nicht einseitig anordnen, die Kurzarbeit muss mit den Mitarbeitern vereinbart werden.
a) Existiert ein Betriebsrat:
Der Betriebsrat muss der Kurzarbeit zugestimmt haben. Eine Betriebsvereinbarung muss enthalten:
- Beginn und Dauer
- Lage und Verteilung der Arbeitszeit
- Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer bzw. der Abteilung
- Zeiträume, in denen die Arbeit vollständig ausfallen soll
ACHTUNG:
- Manche Tarifverträge sehen Ankündigungsfristen vor, die zwingend einzuhalten sind, da sonst die Betriebsvereinbarung unwirksam ist.
- Leitende Angestellte fallen nicht unter das Betriebsverfassungsgesetz. Mit diesen muss eine Individualvereinbarung getroffen werden.
b) Existiert kein Betriebsrat
Vorbezeichnete Voraussetzungen (Beginn und Dauer; Lage und Verteilung der Arbeitszeit, Auswahl der betroffenen Arbeitnehmer; Zeiträume in denen die Arbeit vollständig ausfallen soll) müssen einzelvertraglich mit jedem Arbeitnehmer schriftlich geregelt werden. Kann keine Änderung erzielt werden, gibt es nur die Möglichkeit für Arbeitgeber eine Änderungskündigung auszusprechen.
2. Anzeige des Arbeitsausfalls bei der zuständigen Agentur für Arbeit
Der Arbeitsausfall wird vom Arbeitgeber oder von der Betriebsvertretung bei der zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich angezeigt. Zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat. Die Agentur für Arbeit entscheidet unverzüglich, ob die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld dem Grunde nach vorliegen. Einen entsprechenden Vordruck finden Sie hier: https://www.arbeitsagentur.de/datei/anzeige-kug101_ba013134.pdf
3. Antrag auf Kurzarbeitergeld
Der Arbeitgeber errechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an die Beschäftigten aus. Im Anschluss daran richtet der Arbeitgeber einen schriftlichen Antrag auf Erstattung des von ihm verauslagten Kurzarbeitergeldes an die Agentur für Arbeit in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten einzureichen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats (Anspruchszeitraums), in dem die Tage liegen, für welche Kurzarbeitergeld beantragt wird. Einen entsprechenden Vordruck finden Sie hier: https://www.arbeitsagentur.de/datei/antrag-kug107_ba015344.pdf
4. Nachweis der Voraussetzungen gegenüber der Agentur für Arbeit
Der Arbeitgeber hat die Pflicht, der Agentur für Arbeit die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergeldes nachzuweisen, die Höhe des Kurzarbeitergeldes auszurechnen und dieses an die Arbeitnehmer auszuzahlen. Bei fahrlässiger Verletzung seiner Pflichten macht er sich schadensersatzpflichtig. Dasselbe gilt, wenn er die oben genannte Anzeige unterlässt.
Grundsätzliches:
Förderdauer: Die gesetzliche Bezugsdauer beträgt 12 Monate. Sie kann durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf bis zu 24 Monate verlängert werden. Die neuen gesetzlichen Erleichterungen sind bis zum 31.12.2021 befristet.
Förderhöhe: Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall.
Die Kurzarbeitenden erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Für die Zeit, die der Arbeitnehmer tatsächlich beschäftigt ist und Arbeitsentgelt erzielt, tragen er und der Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge nach der üblichen Höhe und Verteilung. Die Sozialbeiträge für die Kurzarbeit werden nach neuer Gesetzeslage voll von der Bundesagentur für Arbeit (BA) erstattet.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer, Steuerklasse III, mit einem Kind (15 Jahre), erzielt im März 2020 infolge von Kurzarbeit ein Bruttoentgelt von 1.835 EUR. Ohne Kurzarbeit hätte er 2.455 EUR brutto verdient.
Das Kurzarbeitergeld für den Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind im Sinne des Steuerrechts beträgt 67 % der Nettoentgeltdifferenz. Die Nettoentgeltdifferenz entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem gerundeten Soll- bzw. Istentgelt.
Berechnung Kurzarbeitergeld | |
Gerundetes Sollentgelt | 2.460,00 EUR |
Pauschaliertes Nettoentgeltaus dem Sollentgelt | 1.907,84 EUR |
Gerundetes Istentgelt | 1.840,00 EUR |
Pauschaliertes Nettoentgeltaus dem Istentgelt | 1.472,00 EUR |
Nettoentgeltdifferenz(Sollentgelt ./. Istentgelt) | 435,84 EUR |
Kurzarbeitergeld März 2020(435,84 EUR x 67 %) | 292,01 EUR |
Hinweise:
- Das Kurzarbeitergeld ist steuerfrei. Als Entgeltersatzleistung unterliegt es jedoch dem steuerlichen Progressionsvorbehalt, d. h. es wird als Einkommen bei der Ermittlung des Steuersatzes berücksichtigt.
- Für Auszubildende ist die Beantragung von Kurzarbeit nicht möglich
- Der Antrag auf Kurzarbeit kann auch nur für einzelne Abteilungen erfolgen, z.B. für Verkäufer, während für die Werkstatt keine Kurzarbeit beantragt wird
- Die Arbeitszeit kann auf null reduziert werden, wenn z.B. das Geschäft ganz geschlossen wird, die Arbeitszeit kann aber auch nur teilweise reduziert werden
Wann besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld:
Nach den §§ 95 ff.SGB III besteht derzeit ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn
- in einem Betrieb ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
- in dem betroffenen Betrieb mindestens eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Nach neuer Rechtslage haben auch Leiharbeitnehmer einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.
- die geforderten persönlichen Anspruchsvoraussetzungen vorliegen (eine ungekündigte versicherungspflichtige Beschäftigung, keine Auszubildenden/Praktikanten/Studenten/geringfügig Beschäftigte) und
- der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit vom Betrieb oder der Betriebsvertretung unverzüglich schriftlich angezeigt wird.
Die Voraussetzungen für einen erheblichen Arbeitsausfall sind erfüllt, wenn
- er auf wirtschaftlichen Gründen, insbesondere einer schlechten Konjunkturlage oder einem unabwendbaren Ereignis (z.B. Flut, von der Regierung angeordnete Betriebsschließung wg. Corona) beruht,
- er vorübergehend ist,
- er nicht vermeidbar ist und
- in dem betroffenen Betrieb im Anspruchszeitraum (Kalendermonat) mindestens 10 % der Beschäftigten wegen des Arbeitsausfalls ein um mehr als 10 % vermindertes Entgelt erzielt.
Ein Arbeitsausfall ist vorübergehend, wenn mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit innerhalb der Bezugsdauer wieder mit dem Übergang zur Vollarbeit gerechnet werden kann.
Als vermeidbar gilt z.B. ein Arbeitsausfall, der überwiegend branchenüblich, betriebsüblich oder saisonbedingt ist oder ausschließlich auf betriebsorganisatorischen Gründen beruht, durch bezahlten Erholungsurlaub verhindert werden kann, soweit vorrangige Urlaubswünsche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Urlaubsgewährung nicht entgegenstehen oder durch Nutzung von im Betrieb zulässigen Arbeitszeitschwankungen vermieden werden kann Arbeitsausfall auf Grund Betriebsschließung durch Regierung wegen Coronakrise ist nicht vermeidbar, somit kann grundsätzlich der Antrag auf Kurzarbeit gestellt werden
Alternativen zur Kurzarbeit:
Abbau von Arbeitszeitguthaben/ Aufbau von Minusstunden (Vorsicht: Arbeitnehmer müssen diese Minusstunden auch wieder abbauen können unter Beachtung des Arbeitszeitgesetzes, eher bei Teilzeitkräften möglich)
Keine Alternativen zur Kurzarbeit:
Zwangsurlaub: Betriebsferien sind im Vorfeld mit dem Arbeitnehmer abzusprechen, so dass dieser planen kann. Zudem darf der Arbeitgeber nur ca. die Hälfte des gesetzlichen Mindesturlaubs verplanen Derzeit umstritten, ob Betriebsferien wegen der Coronakrise angeordnet werden können. Folglich kann kein Arbeitgeber die Mitarbeiter unter Anrechnung von Urlaub freistellen ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
Allgemeine Hinweise:
Die vorstehenden Ausführungen dienen lediglich als Information und ersetzen keine individuelle Beratung im Einzelfall.
Bei Fragen wenden Sie sich bitte an unsere für Arbeitsrecht zuständige Rechtsanwältin, Frau Runge (Tel. 08247/ 9670-34).
Haftungsausschluss:
Die vorstehenden Ausführungen wurden sorgfältig recherchiert und basieren auf den aktuell von den Behörden und der Regierung herausgegebenen Informationen.
Wir bitten um ihr Verständnis, dass wir keinerlei Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen übernehmen können.
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Stand 17.03.2020