LIEFERUNGEN VON KFZ-ERSATZTEILEN UND ZUBEHÖR AN DRITTLANDSKUNDEN
RAW-AKTUELL 04/2025

Das Bundesfinanzministerium hat aktuell eine aktualisierte Verwaltungsanweisung hinsichtlich der Lieferungen von Kfz-Ersatzteilen und Zubehör an private Abnehmer aus dem Drittland veröffentlicht. Leider wird hierdurch die praktische Handhabung nicht unbedingt erleichtert werden, da die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und gegebenenfalls umsatzsteuerfreien Werklieferungen nicht sonderlich trennscharf vorgenommen wird. Weiterhin ist zu beachten, dass in diesem Zuge auch das Merkblatt der Finanzverwaltung zur Umsatzsteuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen im nichtkommerziellen Reiseverkehr aktualisiert wurde.
Hintergrund: Die Lieferungen von Ersatzteilen und Zubehör von sogenannten Beförderungsmitteln an private Abnehmer aus dem Drittland sind nicht umsatzsteuerfrei, wenn die Ausfuhr durch den Kunden selbst vorgenommen wird (Abholfall). Dies ist die einzige warenbezogene Ausnahme und kann erfahrungsgemäß leicht zu Nachfragen der Kunden führen, welche dies von anderen Waren nicht kennen.
Mit einer aktuellen Verwaltungsanweisung hat sich nun das Bundesfinanzministerium mit dieser Vorschrift im Detail auseinandergesetzt:
Zunächst hat die Verwaltung klarstellend zusammengefasst, was alles unter den Begriff „Beförderungsmittel“ fällt. Das Bundesfinanzministerium versteht hierunter insbesondere Personenkraftwagen, Motorräder, Fahrräder, E-Bikes und Dreiräder sowie Auflieger, Sattelanhänger, Fahrzeuganhänger, Eisenbahnwaggons, Elektro-Caddywagen, Transportbetonmischer, Segelboote, Ruderboote, Paddelboote, Motorboote, Sportflugzeuge, Segelflugzeuge, Wohnmobile, nicht-stationäre Wohnwagen sowie landwirtschaftliche Zugmaschinen und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge, Fahrzeuge, die speziell für den Transport von kranken oder verletzten Menschen konzipiert sind, und Rollstühle und ähnliche Fahrzeuge für kranke und körperbehinderte Menschen, mit mechanischen oder elektronischen Vorrichtungen zur Fortbewegung. Nur Container und dauerhaft stillgelegte Fahrzeuge gelten nicht als Beförderungsmittel. Neu ist hierbei die ausdrückliche Nennung der Motorräder, Fahrräder, E-Bikes und Dreiräder – wobei dies bislang auch schon europäischer Rechtsauffassung entsprach.
Des Weiteren hat sich das Bundesfinanzministerium umfangreich damit auseinandergesetzt, was als Ersatz- und Zubehörteil gilt. Ersatzteile sind danach Ausrüstungsgegenstände, die defekte oder verschlissene Bauteile des Beförderungsmittels ersetzen. Zubehör sind bewegliche Sachen, die dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache „Beförderungsmittel“ dienen und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis stehen, aber nicht selbst Bestandteil der Hauptsache sind. „Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um
a) zum Gebrauch mitgeführte bewegliche Gegenstände, wie z. B. Schlösser, Beleuchtungsset mit Batterie oder Akku, Fahrradtaschen, Fahrradkörbe, Werkzeuge, Abschleppseile, Warndreiecke, Verbandskästen, Warnlampen, Planen, Ersatzreifen bzw. Reserveräder, Reservekanister oder Schonbezüge, Feuerlöscher, Automatten, Warnblinkleuchten, externe Navigationssysteme oder Fahrradcomputer,
b) nicht fest eingebaute Gegenstände/Anbauvorrichtungen wie z. B. Dachgepäckträger, Skiträger, Fahrradträger, abnehmbare Außenspiegel oder
c) zum festen Einbau bestimmte Gegenstände, wie z. B. Fahrradreifen, Schläuche, Ketten, Bremsscheiben, Pedale, Schalthebel, Ständer, Akkus, Autoradios, Lautsprecher, Batterie, Austauschmotore, Spoiler, Schalldämpfer, Federn, Stoßdämpfer, Zusatzscheinwerfer, Nebelleuchten und sonstige Ersatzteile (z. B. Stoßstangen, Kotflügel) handelt.“
Dabei können auch weitere Informationsquellen wie die zolltarifliche Einordnung sachdienlich sein. Eine vom objektiven Hauptzweck abweichende subjektive Verwendungsabsicht, eine abweichende tatsächliche Verwendung oder eine abweichende vertragliche Vereinbarung ist für die Finanzverwaltung bei der Zuordnungsbeurteilung im Grundsatz nicht ausschlaggebend.
Als Gegenstände der Versorgung eines Beförderungsmittels gelten wiederum „die technischen Verbrauchsgegenstände, die zum Verbrauch in dem bzw. durch das Beförderungsmittel bestimmt sind. Hierzu zählen unter anderem Treibstoffe, Zusätze, Schmiermittel, Öle, Bremsflüssigkeit, Putzmittel, Pflege- und Frostschutzmittel sowie auch Farben/Lacke.“
Für die Praxis herausfordernd wird sicherlich die von der Finanzverwaltung neu gefasste Abgrenzung zwischen bloßer Lieferung von Gegenständen zur Ausrüstung eines Beförderungsmittels und Werklieferungen. Bloße Lieferungen von Ausrüstungsgegenständen für Beförderungsmittel sind im Abholfall bei Privatkunden aus dem Drittland zwingend in Deutschland umsatzsteuerpflichtig ohne Möglichkeit zur Rückerstattung der Mehrwertsteuer. Werklieferungen wiederum können umsatzsteuerfrei sein, auch wenn sie an Privatkunden aus dem Drittland erbracht werden.
Problematisch ist hierbei, dass sich die Finanzverwaltung nunmehr auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs bezieht, welches kurz vor der Jahrtausendwende ergangen ist. Danach soll auch dann regelmäßig von einer reinen Lieferung auszugehen sein, wenn Ersatz- und Zubehörteile im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrem Verkauf vom Verkäufer am bzw. in das Beförderungsmittel montiert werden. Denn insoweit würde keine Be- oder Verarbeitung des Beförderungsmittels vorliegen, welche aber für eine Werklieferung notwendig ist. Wo im Zweifelsfall jedoch die exakte Grenze zwischen bloßer Montage bzw. Be- oder Verarbeitung läuft, kann nur eine Entscheidung im Einzelfall sein.
Beispiel 1:
Der Unternehmer U verkauft zwei Fahrradreifen an den ausländischen Abnehmer K. K befördert oder versendet diese in ein Drittland. Die Fahrradreifen sind zur Nutzung am privaten Fahrrad des K bestimmt.
Es liegt zwar eine Lieferung, aber keine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung vor, da die Fahrradreifen als Ausrüstungsgegenstände für ein Beförderungsmittel erworben werden, das nicht den unternehmerischen Zwecken des ausländischen Abnehmers dient. Diese Lieferung ist somit steuerpflichtig.
Beispiel 2:
Der ausländische Abnehmer K bringt seinen Oldtimer in die Werkstatt des Unternehmers U im Inland zur Restauration. Unternehmer U demontiert den Pkw, überarbeitet diesen in seiner Gesamtheit und verbaut u. a. die von ihm beschafften neuen Karosserieteile, einen neuen Motor, neue Sitze und versieht den Pkw mit neuer Elektrik. Der Entgeltanteil des Materials beträgt mehr als 50 % des Gesamtentgelts für die Restauration. Nach Abschluss der Restauration holt K den Oldtimer bei U im Inland ab und befördert ihn in ein Drittland.
Die Leistung des U stellt eine Werklieferung an einem Beförderungsmittel dar. Da K den Oldtimer in ein Drittland befördert, kommt für die Lieferung eine Umsatzsteuerbefreiung als Ausfuhrlieferung in Frage.
Beispiel 3:
Der Unternehmer U verkauft einen Kindersitz an den ausländischen Abnehmer K. K holt den Kindersitz von U im Inland ab und transportiert ihn mit seinem privaten Pkw in ein Drittland.
Es liegt zwar eine Lieferung, aber keine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung vor, da das Beförderungsmittel (hier: Pkw) nicht den unternehmerischen Zwecken des ausländischen Abnehmers dient. Dabei ist es unerheblich, ob der Ausrüstungsgegenstand (hier: Kindersitz) in das Beförderungsmittel fest verbaut wird oder nicht, da dies keine Be- bzw. Verarbeitung des Beförderungsmittels darstellt. Die Lieferung des Kindersitzes ist somit umsatzsteuerpflichtig.
Beispiel 4:
Der ausländische Abnehmer K bestellt beim Unternehmer U über dessen Online-Shop einen Kindersitz. U versendet den Kindersitz ins Drittland an K, wo dieser den Kindersitz in seinem privaten Pkw nutzt.
Es liegt eine Ausfuhrlieferung vor, da der Unternehmer U die Ware selbst ins Drittland versendet. Damit ist es unerheblich, ob die versendete Ware ein Ausrüstungsgegenstand (hier: Kindersitz) für ein Beförderungsmittel ist oder nicht. Die Lieferung des Kindersitzes ist somit bei Erbringen der entsprechenden Nachweise und Aufzeichnungen umsatzsteuerfrei.
Beispiel 5:
Der Unternehmer U verkauft einen Satz Reifen an den ausländischen Abnehmer K und montiert diese gleich für den Kunden an dessen privaten PKW. Anschließend fährt K mit diesem Fahrzeug ins Drittland.
Es liegt zwar eine Lieferung, aber keine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung vor, da das Beförderungsmittel (hier: Pkw) nicht den unternehmerischen Zwecken des ausländischen Abnehmers dient. Auch die Montage der Reifen an den privaten PKW stellt keine Werklieferung dar, weil dies keine Be- bzw. Verarbeitung des Beförderungsmittels sei. Die Lieferung der Reifen ist somit umsatzsteuerpflichtig.
Beispiel 6:
Der Unternehmer U verkauft Öl an den ausländischen Abnehmer K und füllt dies gleich für den Kunden in dessen privaten PKW ein. Anschließend fährt K mit diesem Fahrzeug ins Drittland.
Es liegt zwar eine Lieferung, aber keine umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferung vor, da das Beförderungsmittel (hier: Pkw) nicht den unternehmerischen Zwecken des ausländischen Abnehmers dient. Auch das Einfüllen des Öls in den privaten PKW stellt keine Werklieferung dar, weil dies keine Be- bzw. Verarbeitung des Beförderungsmittels sei. Die Lieferung des Öls ist somit umsatzsteuerpflichtig.
Beispiel 7:
Der ausländische Kunde K vereinbart schriftlich beim deutschen Unternehmer U eine Inspektion seines privaten PKW. Anschließend führt K das Fahrzeug zum Zweck der Inspektion nach Deutschland ein. U führt die Inspektion am Fahrzeug und in diesem Rahmen einen Ölwechsel durch. Der Entgeltanteil der Arbeitsleistung beträgt mehr als 50 % des Gesamtentgelts. Nach Abschluss der Wartungsarbeiten führt K das Fahrzeug wieder ins Drittland aus und unterwirft den Wert der Inspektion inkl. Öl in seinem Heimatland der Einfuhrbesteuerung.
Eine Bearbeitung eines Gegenstandes kann auch durch Wartungsleistungen an einem Kfz ausgeführt werden. Da die Arbeitsleistung überwiegt, liegt jedoch keine Werklieferung, sondern eine Werkleistung vor. Diese gegenüber ausländischen Privatkunden erbrachten Werkleistungen sind grundsätzlich in Deutschland umsatzsteuerpflichtig. Da in diesem speziellen Fall das Fahrzeug jedoch für Zwecke der Wartung ein- und wieder ausgeführt wurde, kommt hier bei Erbringen der entsprechenden Nachweise und Aufzeichnungen eine umsatzsteuerfreie Lohnveredelung in Frage.