UMSATZBESTEUERUNG VON EVENTPAKETEN, ERLEBNISFAHRTEN UND ANDEREN REISELEISTUNGEN
RAW-AKTUELL 8/2021
Die Finanzverwaltung hat aktuell ihre gesamten Ausführungshinweise hinsichtlich der Umsatzbesteuerung von Reiseleistungen überarbeitet. Auf Grund der dort getroffenen Definition von Reiseleistungen werden auch Leistungen der Sonderregelung zur Umsatzbesteuerung von Reiseleistungen unterworfen, die nicht unbedingt sofort als solche erkennbar sind. Dies kann unter Umständen z.B. sogenannte Eventpakete oder Erlebnisfahrten betreffen. Werden Reiseleistungen in Folge der fehlerhaften Erkennung falsch abgerechnet, besteht ein umsatzsteuerliches Risiko.
Reiseleistungenwerden umsatzsteuerlich gemäß § 25 UStG nur mit ihrer (positiven) Marge zwischen Verkaufs- und Einkaufspreisen sogenannter Reisevorleistungen der Umsatzbesteuerung unterworfen. Die Marge ist dabei als Bruttomarge zu verstehen. Die Marge ist grundsätzlich für jeden einzelnen Reiseteilnehmer zu ermitteln. Negative Einzelmargen sind nicht mit positiven Einzelmargen verrechenbar. Insoweit funktioniert dies grundsätzlich nach dem gleichen Prinzip wie bei der Differenzbesteuerung von Gebrauchtfahrzeugen oder Second Hand-Waren. Seit Ende 2019 gilt diese Regelung auch bei Umsätzen zwischen Unternehmen. Ein Wahlrecht zur Anwendung dieser Margenbesteuerung besteht – im Gegensatz zur Differenzbesteuerung – insoweit nicht.
Soweit ein deutscher Unternehmer Reisen verkauft, welche in Deutschland oder im übrigen Gemeinschaftsgebiet stattfinden, erfolgt die Umsatzbesteuerung mit dem deutschen Regelsteuersatz. Nur soweit eine Reise im Drittland stattfindet, ist sie in Deutschland umsatzsteuerfrei.
Von einer Reiseleistung mit Margenbesteuerung spricht man dabei nur, wenn ein Unternehmen im eigenen Namen Reiseleistungen verkauft und hierfür sogenannte Reisevorleistungen einkauft.Eine Reiserücktrittskostenversicherung kann eine selbständige, umsatzsteuerlich gesondert zu beurteilende Leistung darstellen.
Für das Vorliegen einer Reiseleistung ist es ausweislich des neuen Anwendungsschreibens der Finanzverwaltung grundsätzlich erforderlich, dass der Unternehmer ein Bündel von Einzelleistungen erbringt, welches zumindest eine Beförderungs- oder Beherbergungsleistung enthält. Als Bestandteil einer Reiseleistung kommen insbesondere in Betracht:
- Beförderung zu den einzelnen Reisezielen, Transfer;
- Beherbergung;
- Verpflegung;
- Betreuung durch Reiseleiter;
- Durchführung von Veranstaltungen (z.B. Stadtrundfahrten, Besichtigungen, Sport- und sonstige Animationsprogramme, Landausflüge);
- Eintrittsberechtigungen.
Kauft zum Beispiel ein Kfz-Händler vom Hersteller ein sogenanntes „Eventpaket“ (bestehend aus Übernachtung mit Frühstück, Werksbesichtigung etc.) für die Fahrzeugauslieferung ein und veräußert dies an den Fahrzeugkäufer weiter, liegt aus Sicht des Kfz-Händlers eine der Margenbesteuerung unterliegende Reiseleistung vor.
Ähnliches gilt für Erlebnisfahrten, bei denen das Autohaus beispielsweise einen Guide, Übernachtung sowie ggfls. Verpflegung und andere Leistungen einkauft, und diese Leistungen dann als Bündel an einzelne interessierte Kunden weiterverkauft.
Eigenleistungen sind bei der Prüfung, ob eine Reiseleistung gegeben ist, nicht zu
berücksichtigen. Eine einzelne Leistung genügt für die Anwendung des § 25 UStG nur dann, wenn es sich um eine Beherbergungsleistung handelt. Die Einräumung von Eintrittsberechtigungen für Messen, Ausstellungen, Seminare und Kongresse und damit im Zusammenhang erbrachte Beförderungs-, Verpflegungs- und Beherbergungsleistungen, die vom Veranstalter als einheitliche Leistung angeboten werden, sind keine Reiseleistungen.
Reisevorleistungen sind alle Leistungen, die von einem Dritten erbracht werden und dem Reisenden unmittelbar zugutekommen. In Betracht kommen alle Leistungen, die der Reisende in Anspruch nehmen würde, wenn er die Reise selbst zusammenstellt, insbesondere Beförderung, Beherbergung und Verpflegung. Erwirbt ein Unternehmer von einem anderen Unternehmer eine nach § 25 Abs. 1
Satz 3 UStG einheitliche Reiseleistung (Kettengeschäft), sind Reisevorleistungen die einzelnen Bestandteile und nicht die einheitliche Reiseleistung.
Wichtig: Für Reisevorleistungen ist kein Vorsteuerabzug möglich! Unterliegen die Eingangsleistungen dem Reverse Charge-System, weil sie beispielsweise aus dem EU-Ausland eingekauft werden, besteht für den Erwerber analog ebenfalls die Steuerpflicht, jedoch ebenso ohne Vorsteuerabzugsberechtigung!
Für nicht abgerufene Kontingente von Reisevorleistungen ist der Vorsteuerabzug jedoch zulässig, sofern nicht von einem einheitlichen Wahlrecht Gebrauch gemacht wird, diese Eingangsleistungen doch als Reisevorleistungen im umsatzsteuerlichen Sinn zu behandeln. Auch Aufwendungen für Reisevorleistungen, welche sich der Unternehmer im Fall der Stornierung nicht ersparen kann, werden durch die Stornogebühr entschädigt und sind deshalb nicht mehr als Reisevorleistungen zu berücksichtigen. Das heißt, insoweit ist der Vorsteuerabzug doch zulässig.
Tritt der Reisende vor Reisebeginn vom Reisevertrag zurück und hat er für diesen Fall eine in dem Reisevertrag vorab vereinbarte Entschädigung zu entrichten (Stornogebühr), liegt beim Reiseveranstalter echter Schadensersatz und somit kein Entgelt für eine Reise vor. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass zivilrechtlich ein Rücktrittsrecht besteht. Umbuchungs- und Änderungsgebühren, die der Reisende bei Änderung eines bestehenbleibenden Reisevertrags zu entrichten hat, erhöhen das für die Reise zu entrichtende Entgelt.
Die für die Margenbesteuerung notwendigen Informationen und Beträge sind insoweit gesondert und getrennt aufzuzeichnen.
Wird eine Reiseleistung versehentlich nicht der Margenbesteuerungunterworfen und in diesem Zusammenhang auch der Vorsteuerabzug für Reisevorleistungen zunächst (unberechtigt) geltend gemacht, drohen bei späterer Aufdeckung folgende Konsequenzen. Zum einen wird der Vorsteuerabzug aus den Reisevorleistungen rückwirkend verwehrt. Zum anderen wird die im Vergleich zur Margenbesteuerung überhöht in Rechnung gestellte und dort ausgewiesene Umsatzsteuer weiterhin geschuldet, bis die Rechnung gegenüber dem Kunden wirksam korrigiert wurde. Insoweit kann es zu einem Zinsschaden kommen.