UMSATZSTEUERLICHE AUSWIRKUNG DES BREXIT
AUTOHAUS ARTIKEL VOM 21.01.2021
Zum Redaktionsschluss (18.12.2020) sind die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien hinsichtlich der zukünftigen Handels- und Rechtsbeziehungen noch immer nicht abgeschlossen, sodass damit gerechnet werden muss, dass auch zum Jahreswechsel noch keine neuen Regelungen vorliegen werden. Daher hat die Finanzverwaltung in einem aktuellen Schreiben dazu Stellung genommen, was – Stand heute 18.12.2020 – ab dem 1. Januar 2021 im Handel und Dienstleistungsverkehr mit Großbritannien zu beachten ist. Hierbei wird insbesondere auf die Sonderstellung von Nordirland sowie verschiedene verkürzte Fristen hingewiesen.
Allgemeines - Sonderstatus Nordirland
Soweit es nicht noch zu weiteren Vereinbarungen kommen sollte, ist Großbritannien ab dem 1.1.2021 als Drittlandsgebiet anzusehen, für Nordirland gelten Sonderregelungen. Hieraus ergeben sich die folgenden Konsequenzen:
Die Regelungen des unionseinheitlichen Mehrwertsteuerrechts gelten ausschließlich für Lieferungen von und nach Nordirland weiter. Nordirland wird deshalb – aber nur bezüglich der Lieferungen, nicht hinsichtlich ausgeführter sonstiger Leistungen – auch 2021 als Gemeinschaftsgebiet behandelt. Unternehmer in Nordirland treten mit einer USt-IdNr. mit dem Präfix "XI" auf.
Damit sind ab dem 1.1.2021 Lieferungen an einen Unternehmer in Nordirland – unter den weiteren Bedingungen – weiterhin als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu erfassen und damit dann auch in die Zusammenfassende Meldung mit aufzunehmen. An Unternehmer in Nordirland ausgeführte sonstige Leistungen nach § 3a Abs. 2 UStG – die bis 31.12.2020 auch in der Zusammenfassenden Meldung zu erfassen sind – sind ab dem 1.1.2021 nicht mehr in die Zusammenfassende Meldung aufzunehmen.
Lieferungen über den 31.12.2020 hinaus
Warenlieferungen von und nach Großbritannien sind ab dem 1.1.2021 Ausfuhrlieferungen, da Großbritannien dann als Drittland gilt – und unterliegen damit in vollem Umfang den zollrechtlichen Bestimmungen und Abfertigungsmodalitäten – dies gilt aber nicht für Nordirland.
Warenbewegungen, die vor dem 31.12.2020 beginnen, aber nach dem 31.12.2020 enden sind noch nach den Binnenmarktregelungen abzuwickeln. So gilt bei Beginn der Warenbewegung in 2020 für eine Lieferung nach Großbritannien noch die Steuerbefreiung als innergemeinschaftliche Lieferung (soweit die Voraussetzungen dafür vorliegen und der Vorgang entsprechend behandelt und gemeldet wird). In diesem Fall muss der Leistungsempfänger mit seiner USt-IdNr. aus Großbritannien ("GB") auftreten. Wenn der Unternehmer aber nachweist, dass der Gegenstand das Gemeinschaftsgebiet erst nach dem 31.12.2020 verlassen hat, kann – soweit die notwendigen Buch- und Belegnachweise vorliegen – die Lieferung auch als Ausfuhrlieferung steuerfrei sein.
Für Waren, deren Transport nach Deutschland vor dem 1.1.2021 in Großbritannien begonnen hatte, muss der Leistungsempfänger (unter den weiteren gesetzlichen Bedingungen) im Bestimmungsland einen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen, selbst wenn der Gegenstand erst nach dem 31.12.2020 bei ihm ankommt. Wenn er aber nachweist, dass der Gegenstand tatsächlich der Einfuhrumsatzsteuer unterworfen wurde, braucht aus Vereinfachungsgründen kein Erwerb besteuert zu werden.
Die Regelungen sind analog auch auf die Lieferungen anzuwenden, die unter die Versandhandelsregelung nach § 3c UStG (innergemeinschaftlicher Versandhandel an Nicht-Unternehmer) fallen.
Sonstige Leistungen über den 31.12.2020
Der Brexit hat auch Konsequenzen für die grenzüberschreitend ausgeführten sonstigen Leistungen – dies betrifft sowohl Großbritannien als auch Nordirland und ist nicht zuletzt bei Dauerleistungen relevant, da sonstige Leistungen erst mit ihrer Beendigung als ausgeführt gelten. Damit sind Dauerleistungen, die vor dem 1.1.2021 begonnen wurden, aber erst nach dem 31.12.2020 beendet werden (z. B. Abonnements), nach dem Recht zu erfassen, das zum Zeitpunkt der Beendigung der Dauerleistung bzw. Teilleistung gilt.
Hinweis: Bei sogenannten Katalogleistungen nach § 3a Abs. 4 UStG (z. B. Ingenieur- oder Sachverständigenleistungen an Nichtunternehmer) kann es durch den Brexit dazu kommen, dass diese Leistungen nicht mehr am Sitzort des leistenden Unternehmers, sondern möglicherweise am Wohnort des Leistungsempfängers zu versteuern sind.
Bestätigung von USt-IdNrn.
Sowohl für die Umsatzsteuerfreiheit innergemeinschaftlicher Lieferungen als auch für die Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens bei innergemeinschaftlichen sonstigen Leistungen ist eine im Leistungszeitpunkt gültige USt-IdNr. des Leistungsempfängers notwendig. Die (qualifizierte) Überprüfung dieser USt-IdNrn. kann beim Bundeszentralamt für Steuern vorgenommen werden.
Wichtig: Die Bestätigung einer USt-IdNr. mit dem Länderpräfix "GB" kann nur bis zum 31.12.2020 erfolgen. Ab dem 1.1.2021 sind dann (für Unternehmer aus Nordirland) Bestätigungsanfragen mit dem Länderpräfix "XI" möglich.
Vorsteuer-Vergütungsverfahren
Das Vorsteuer-Vergütungsverfahren unterscheidet grundsätzlich zwischen der Vergütung gegenüber Unternehmern aus dem Drittlandsgebiet und aus dem Gemeinschaftsgebiet. Insoweit gilt:
Wichtig: Diese Grundsätze gelten aber nicht für die Erstattung von Vorsteuerbeträgen, die auf Warenbezüge deutscher Unternehmer in Nordirland entfallen (oder für nordirische Unternehmer in Deutschland). Hier gelten die unionsrechtlichen Vergütungsvorschriften auch über den 31.12.2020 hinaus.
Stan Guthmann
Steuerberater
Kurzfassung:
- Soweit es nicht noch zu weiteren Vereinbarungen kommen sollte, ist Großbritannien ab dem 1.1.2021 als Drittlandsgebiet anzusehen, für Nordirland gelten Sonderregelungen.
- Die Regelungen des unionseinheitlichen Mehrwertsteuer-rechts gelten ausschließlich für Lieferungen von und nach Nordirland weiter.
- Nordirland wird deshalb – aber nur bezüglich der Lieferungen, nicht bezüglich ausgeführter sonstiger Leistungen – auch 2021 als Gemeinschaftsgebiet behandelt.
Kommentar:
Bereits im Frühjahr 2019 haben wir Sie im Autohaus über die steuerlichen Folgen des Brexit informiert. Damals ist man davon ausgegangen, dass Großbritannien bereits zum 12. April 2019 aus der EU austritt und das Bundesfinanzministerium hatte am 8. April 2019 eine Stellungnahme zu den steuerlichen Folgen veröffentlicht und kurze Zeit später wieder zurückgezogen. Heute am 18.12.2020 ist es wieder soweit und die Finanzverwaltung hat sich erneut zu den steuerlichen Konsequenzen geäußert. Großbritannien wird voraussichtlich zum 31.12.2020 aus der EU ausscheiden. Ab dem 01.01.2021 ist Großbritannien mit Ausnahme Nordirlands Drittlandsgebiet. Der ganze Ablauf des Brexit ist nicht nur steuerlich ein Desaster
Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater