WACHSTUMSCHANCEN-GESETZ - REGIERUNGSENTWURF
AUTO-SERVICE-PRAXIS VOM 23.11.2023
Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf zum Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness, kurz Wachstumschancengesetz veröffentlicht. Dieses enthält ähnlich einem Jahressteuergesetz umfassende steuerliche Änderungen.
Folgender Zeitplan ist für die Verabschiedung geplant:
10.11.2023 Verabschiedung Bundestag
15.12.2023 Verabschiedung Bundesrat
Nachfolgend wollen wir einige steuerliche Eckpunkte darstellen:
Einkommensteuer
Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, § 3 Nr. 73 EStG
Mit einer Steuerfreigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 1.000 EUR soll eine bürokratieentlastende Regelung geschaffen werden. Sofern die Ausgaben, die mit ihnen in unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Einnahmen übersteigen, sollen die Einnahmen auf Antrag als steuerpflichtig behandelt werden können. Soll ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten.
Geschenke, § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen den Gewinn nicht mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt 35 EUR nicht übersteigen. Dieser Betrag soll auf 50 EUR angehoben werden. Das gilt erstmals für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023.
Private Nutzung von Elektrofahrzeugen
Derzeit ist bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs, das ein reines Elektrofahrzeug ist, bei der 1 %-Regelung nur ein Viertel des Bruttolistenneupreises anzusetzen, bzw. bei der Fahrtenbuchmethode nur ein Viertel der Anschaffungskosten. Dies gilt bislang jedoch nur, wenn der Bruttolistenpreis des Kraftfahrzeugs nicht mehr als 60.000 Euro beträgt. Für Elektrofahrzeuge, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, soll der Höchstbetrag von 60.000 Euro auf 80.000 Euro erhöht werden.
Geringwertige Wirtschaftsgüter, § 6 Abs. 2, Abs. 2a Satz 1 und Satz 2 EStG
Gegenwärtig können die Anschaffungs- oder Herstellungskosten geringwertiger Wirtschaftsgüter sofort vollständig abgezogen werden, wenn sie nicht mehr als 800 EUR betragen. Dieser Wert soll in Zukunft bei 1.000 EUR liegen.
Für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, kann derzeit ein Sammelposten gebildet werden, wenn die jeweiligen Anschaffungs- oder Herstellungskosten 250 EUR, aber nicht 1.000 EUR übersteigen. Hier soll die Anhebung der Betragsgrenze von 1.000 EUR auf 5.000 EUR erfolgen und die Auflösungsdauer von 5 Jahre auf 3 Jahre verringert werden. Die Wirtschaftsgüter, die in einem Sammelposten zusammengefasst werden, müssen nicht in einem gesonderten Verzeichnis erfasst werden. Der Zugang dieser Wirtschaftsgüter wird lediglich buchmäßig erfasst. Soll für Anschaffung von Wirtschaftsgütern nach dem 31.12.2023 gelten.
Befristete Wiedereinführung der degressiven AfA
Die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zum 01.01.2020 eingeführt und mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31.12.2022 verlängert.
Aufgrund der derzeitigen Krisensituation soll die degressive Abschreibung auch für Wirtschaftsgüter in Anspruch genommen werden können, die nach dem 30.9.2023 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind.
Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude
Eine degressive Abschreibung i.H.v. 6 % soll für Gebäude ermöglicht werden, die Wohnzwecken dienen und die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung erfolgt die Abschreibung zeitanteilig. Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht, zur linearen AfA nach Absatz 4 zu wechseln. Solange die degressive Absetzung vorgenommen wird, sind Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzungen nicht zulässig. Soweit diese eintreten, kann zur linearen AfA gewechselt werden.
Die degressive AfA kann erfolgen, wenn mit der Herstellung nach dem 30.9.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird. Im Fall der Anschaffung ist die degressive Afa nur dann möglich, wenn der obligatorische Vertrag nach dem 30.9.2023 und vor dem 01.10.2029 rechtswirksam abgeschlossen wird.
Sonderabschreibung, § 7g Abs. 5 EStG
Die Sonderabschreibung beträgt derzeit bis zu 20 Prozent der Investitionskosten und gilt für Betriebe, die die Gewinngrenze von 200.000 EUR im Jahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten. Zukünftig sollen bis zu 50 Prozent der Investitionskosten abgeschrieben werden können. Gilt für Anschaffung von Wirtschaftsgütern nach dem 31.12.2023.
Verpflegungsmehraufwand, § 9 Abs. 4a EStG
Die als Werbungskosten abzugsfähigen inländischen Verpflegungspauschalen sollen wie folgt angehoben werden:
- für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer 24 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 28 EUR auf 30 EUR;
- für den An- oder Abreisetag, wenn der Arbeitnehmer an diesem, einem anschließenden oder vorhergehenden Tag außerhalb seiner Wohnung übernachtet, von jeweils 14 EUR auf 15 EUR;
- für jeden Kalendertag, an dem der Arbeitnehmer ohne Übernachtung außerhalb seiner Wohnung mehr als 8 Stunden von seiner Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte abwesend ist, von 14 EUR auf 15 EUR.
Soll ab dem Veranlagungszeitraum 2024 gelten.
Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen, § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a Satz 3
Soweit Zuwendungen des Arbeitsgebers an seinen Arbeitnehmer und dessen Begleitpersonen anlässlich von Betriebsveranstaltungen den Betrag von 150 EUR (bisher 110 EUR) je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer - unter den weiteren bisherigen Voraussetzungen - nicht übersteigen, sollen sie nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören. Soll erstmals für Veranlagungszeiträume 2024, beziehungsweise Lohnsteuerabzug 2024 gelten.
Keine Besteuerung der Dezemberhilfe 2022
Auf die Besteuerung der Dezember-Soforthilfe, die für die hohen Kosten für Erdgas gezahlt wurden, soll verzichtet werden.
Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater
Kommentar:
Neben Neuerungen in der Einkommensteuer sieht das Wachstumschancengesetz auch Änderungen in der Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer vor. Weiterhin soll die obligatorische Verwendung der e-Rechnung ab 2025 Voraussetzung für die zu einem späteren Zeitpunkt einzuführende Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches System der Verwaltung (Meldesystem) sein.
Maximilian Appelt
Rechtsanwalt | Steuerberater