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WIEDERANHEBUNG DER UMSATZSTEUERSÄTZE

RAW-AKTUELL 11/2020
Im Rahmen des sogenannten Konjunkturpakets wurde die vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 befristete Senkung des Mehrwertsteuersatzes von 19% auf 16% und von 7% auf 5% einge­führt (vgl. auch unsere Mandanteninformationen Sondernewsletter 15/2020 vom 04.06.2020 https://raw-partner.de/service/blog.php?t=konjunkturpaket-voruebergehende-herabsetzung-der-umsatzsteuersaetze sowie Sondernewsletter 16/2020 vom 26.06.2020 https://raw-part­ner.de/service/blog/konjunkturpaket-voruebergehende-herabsetzung-der-umsatzsteu­ersaetze-zum-zweiten). Mit einem aktuellen Schreiben hat sich nun die Finanzverwaltung zur Handhabung der Steuersatzänderung zum Jahreswechsel geäußert. Danach ergeben sich insgesamt folgende Hinweise:

Inhaltsübersicht:
Grundsatz
Dauerleistungen
Wiederkehrende Leistungen (insb. Wartungsverträge)
Nebenleistungen zu Dauerverträgen (insb. Mietnebenkosten)
Teilleistungen
Zeitschriften- und Zeitungsabonnements
Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen
Gast- und Beherbergungsgewerbe
Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen
Anzahlungen
Entgeltminderungen (z. B. Skonti, Boni etc.)
Gutscheine
Handelsvertreter
Pfandgut
Fahrausweise
Unrichtiger Steuerausweis
Zivilrechtliche Hinweise


Grundsatz
Entscheidend für die Anwendung der jeweiligen Steuersätze ist final stets das Lie­fer- bzw. Leistungsdatum. Dies ist bei Lieferungen regelmäßig der Tag der Übergabe der Ware, bei Dienstleistungen der Tag der letzten Arbeiten, bei Werklieferungen der Tag der Abnahme und bei Werkleistungen der Tag der letzten Arbeiten. Auf das Be­stell- oder Rechnungsdatum sowie den Tag der Vereinnahmung kommt es somit final nicht an. Gleiches gilt bei Fahrzeuglieferun­gen für das Datum der Zulassung. Entscheidend ist die Fahrzeugübergabe an den Kunden, wobei sicherlich auch eine Rücküberlassung an den Händler denkbar ist, damit dieser im Nachgang noch die Zulassung für den Kunden übernimmt. Nicht nur in diesem Spezialfall muss jedoch das korrekte Liefer- bzw. Leistungsdatum sauber dokumentiert werden (z.B. über ein ordnungsgemäß ausge­fülltes, insbesondere datiertes Übergabeprotokoll, quittier­ten Lieferschein, Versandprotokolle etc.), da wir davon ausgehen, dass die korrekte Anwendung der Umsatzsteuers­ätze Prüfungsschwerpunkt der Finanzverwaltung in späteren Betriebsprüfun­gen sein wird. Zu beachten ist darüber hinaus, dass mit formeller Übergabe des Fahrzeugs an den Kunden auf diesen grundsätzlich auch das Risiko des zufälligen Untergangs übergeht. Dies sollte von den Vertragsparteien vor dem Hintergrund entsprechender Versicherung be­achtet werden.


Dauerleistungen
Nicht nur einzelne Lieferungen und Leistungen, sondern gerade auch Dauerleistungen sind von der Steuersatz-Änderung betroffen. Hierbei kann es sich sowohl um sonstige Leistungen (z. B. Lizenzen, Einlagerungs-, Miet- oder Lea­singverträge) als auch um die Gesamtheit meh­rerer Lieferungen (z. B. von Baumate­rial) handeln, die über einen längeren Zeitraum hin er­bracht werden. In den vorgenann­ten Fällen dürfte regelmäßig eine Vertrags- und Rechnungs­änderung notwendig wer­den, soweit die Dauerleistung über den Stichtag hinaus erbracht wird. Soweit der Vertrag selbst als Dauerrechnung gelten soll, hatte die Finanzverwaltung bezüglich der Vertragsänderung klargestellt, dass es ausreichend ist, einen Vertrag durch ergänzende Unterlagen anzupassen, die unter Bezug auf den Vertrag alle erfor­derlichen Informationen zum Entgelt und Steuersatz für den Zeitraum 1. Juli 2020 bis zum 31. Dezember 2020 enthal­ten. Der dann angepasste Vertrag muss somit in seiner Gesamtheit alle für den Vorsteuerab­zug notwendigen Angaben enthalten.


Wiederkehrende Leistungen (insb. Wartungsverträge)
In ihrem aktuellen Schreiben führt die Finanzverwaltung aus, dass von den Dauerleistungen nicht wiederkehrende Leistungen erfasst sind, die zeitpunktbezogen in regelmäßigen Abstän­den einmal oder mehrfach jährlich erbracht werden. Darunter sind laut Bundesfinanzministe­rium zum Beispiel Wartungsverträge zu verstehen, bei denen sich der Anbieter verpflichtet, z. B. einmal in einem bestimmten Zeitraum eine Anlage zu überprüfen und für Leistungen, die über die Kontrollarbeiten hinausgehen, ein gesondertes Angebot erstellt (gegebenenfalls mit automatischer Vertragsverlängerung). Hierbei soll es sich um keine Dauerleistung handeln, da keine durchgehende Leistungsbereitschaft bzw. –erbringung geschuldet wird. Vielmehr sieht die Finanzverwaltung eine zeitpunktbezogen zu erbringende Tätigkeit, die lediglich zivilrecht­lich in ein Dauerschuldverhältnis gekleidet ist. Hier soll sich der Steuersatz nach dem Tag der tatsächlichen Leistungserbringung richten.


Nebenleistungen zu Dauerverträgen (insb. Mietnebenkosten)
Hinsichtlich der Abrechnung von Nebenleistungen zu Dauerleistungen ist weiterhin zu beach­ten, dass sich der Steuersatz auf die Nebenleistungen nach dem Zeitpunkt der Ausführung der jeweiligen Hauptleistung richtet.

Daher sind beispielsweise bei umsatzsteuerpflichtigen Vermietungen laufende Mietnebenkos­ten dem gleichen Umsatzsteuersatz zu unterwerfen wie er für die Hauptleistung „Vermietung“ anfällt.

Eine besondere Herausforderung stellt in den kommenden Monaten bei umsatzsteuerpflichti­gen Vermietun­gen voraussichtlich die Mietnebenkostenabrechnung für 2020 in 2021 dar. Denn hier sind die Nebenleistungen auf Grund der unterschiedlichen Umsatzsteuersätze in 2020 aufzuteilen, sofern der Mietvertrag zumindest anteilig sowohl das erste als auch das zweite Halbjahr 2020 betrifft.


Teilleistungen
Werden echte Teilleistungen erbracht, kommt es für die Ermittlung des anzuwenden­den Steuersatzes nicht auf den Zeitpunkt der Gesamtleistung, sondern vielmehr darauf an, wann die jeweilige Teilleistung ausgeführt wird. In diesen Fällen kann es bei meh­reren Teilleistungen dazu kommen, dass Teilleistungen sowohl vor als auch nach dem Stichtag der Steuersatzän­derung erbracht werden und insoweit unterschiedlich hoch besteuert werden.

Die Finanzverwaltung sieht eine abgrenzbare Teilleistung, die separat umsatzsteu­erlich behandelt werden muss, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind:
  • Es muss sich um einen wirtschaftlich abgrenzbaren Teil einer Werklieferung bzw. (Werk-)Leistung handeln.
  • Die Teilleistung muss bei einer Werklieferung separat abgenommen und bei einer Wer­kleistung vollendet bzw. beendet sein.
  • Vor dem Stichtag der Steuersatzänderung wird für die Teilleistung auch ein se­parates Teilentgelt vereinbart bzw. die vertragliche Vereinbarung diesbezüglich geändert.
  • Das Teilentgelt muss separat abgerechnet werden.

Beispiel 1:
Das Transportunternehmen T mietet einen LKW vom Vermietungsunternehmen V. Vereinbart wird eine Fahrzeugmiete von 5 mal 1 Monat vom 11. November 2020 bis 10. April 2021. Das monatliche Mietentgelt beträgt netto EUR 500 zzgl. 19% Umsatzsteuer.

In diesem Fall liegen 5 abgrenzbare Teilleistungen vor. Da lediglich die erste Teilleistung vom 11. November 2020 bis 10. Dezember 2020 im zweiten Halbjahr 2020 endet, ist (ausschließ­lich) diese Mietperiode mit dem reduzierten Steuersatz von 16% abzurechnen. Insoweit sind die Teilleistungen also aufzuteilen. Die nachfolgenden Mietperioden unterliegen dem Steuer­satz von 19%.

Beispiel 1 - Abwandlung:
Das Transportunternehmen T mietet einen LKW vom Vermietungsunternehmen V. Vereinbart wird eine Fahrzeugmiete über einen Gesamtzeitraum von 5 Monaten vom 11. November 2020 bis 10. April 2021. Es wird bei Vertragsabschluss ein Gesamtentgelt von netto EUR 2.500 zzgl. 19% Umsatzsteuer in Höhe von EUR 475 vereinbart, wel­ches zum Vertragsende fällig ist.

In diesem Fall liegt lediglich eine Gesamtleistung vor, die am 10. April 2021 endet. Somit ist das gesamte Mietentgelt mit dem wieder erhöhten Steu­ersatz von 19% abzurechnen (netto EUR 2.500 zzgl. 19% Umsatzsteuer in Höhe von EUR 475).

Die gleichen Grundsätze gelten auch für Fahrzeugvermietungen bei kürzeren Ver­tragsdauern.

Beispiel 2:
Kunde A bringt sein Fahrzeug am 29. Dezember 2020 zur Reparatur bei der Werkstatt W. Für die Dauer der Reparatur erhält A von der Werkstatt W ein Ersatzfahrzeug. Da zu Beginn un­bekannt ist, wie lange die Reparatur dauern wird, wird ein Tagespreis von netto EUR 100 zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer vereinbart. Nach abge­schlossener Reparatur gibt A das Fahrzeug am 3. Januar 2021 zurück.

In diesem Fall liegen 6 abgrenzbare Teilleistungen vor. Insoweit sind die Teilleistungen also aufzuteilen. Die ersten drei Tage (29.-31. Dezember 2020) unterliegen dem Steuersatz von 16%. Die letzten drei Tage (1.-3. Januar 2021) unterliegen dem Steuersatz von 19%.

Beispiel 2 - Abwandlung:
Kunde A bringt sein Fahrzeug am 29. Dezember 2020 zur Reparatur bei der Werkstatt W. Für die Dauer der Reparatur erhält A von der Werkstatt W ein Ersatzfahrzeug bis zum Fertigstellungstermin am 3. Januar 2021. Es wird ein Gesamtpreis von netto EUR 500 zzgl. 19% Um­satzsteuer in Höhe von EUR 95 vereinbart. Nach abgeschlossener Re­paratur gibt A das Fahrzeug am 3. Januar 2021 zurück.

In diesem Fall liegt lediglich eine Gesamtleistung vor, die am 3. Januar 2021 endet. Somit ist das gesamte Mietentgelt mit dem wieder erhöhten Steuer­satz von 19% abzurechnen (netto EUR 500 zzgl. 19% Umsatzsteuer in Höhe von EUR 95).

Zu beachten ist in solchen Fällen weiterhin, dass die eigentliche Reparatur sowie die Fahr­zeugvermietung umsatzsteuerlich zwei eigenständige Leistungen darstellen, die entsprechend steuerlich eigenständig beurteilt werden müssen – auch wenn es dann durchaus zu einer gleich laufenden Besteuerung kommen kann.

Bitte beachten Sie, dass Teilentgelte bei längerfristigen Verträgen häufig im Voraus gezahlt werden, sodass es auf Grund der kurzfristigen gesetzlichen Änderungen, hier leicht zu rück­wirkenden Korrekturen kommen kann:


Zeitschriften- und Zeitungsabonnements
Hinsichtlich Zeitschriften- und Zeitungsabonnements stellt die Finanzverwaltung zwischenzeitlich klar, dass hier grundsätzlich der letzte Tag des gesamten vereinbarten Leistungszeitraum maßgebend für den anzuwendenden Steuersatz ist, sofern nicht für die einzelnen Ausgaben Einzelpreise vereinbart oder abgerechnet wurden. In diesem Fall ist das Gesamtentgelt ent­sprechend auf die Zeiträume der einzelnen Angaben aufzuteilen.


Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen
Sonder- und Ausgleichszahlungen bei Miet- oder Leasingverträgen sind mit dem Steuersatz zu besteuern, der für die zu Grunde liegende Miet- bzw. Leasingleistung gilt. Sofern diese Miet- oder Leasingleistung in Teilleistungen erbracht wird, die vor und nach einem der Stich­tage 30.6./1.7. bzw. 31.12.2020/1.1.2021 liegt.


Gast- und Beherbergungsgewerbe
Für das Gastgewerbe lässt das Bundesfinanzministerium aus Vereinfachungsgründen zu, dass auf Bewirtungsleistungen (z.B. Abgabe von Speisen und Getränken zum Ver­zehr an Ort und Stelle, Tabakwarenlieferungen etc.) in der Nacht vom 31. Dezember 2020 auf den 1. Ja­nuar 2021 die Steuersätze von 5% bzw. 16% angewendet werden. Dies gilt ebenso für Beherbergungen und die damit zusammenhängenden Leistungen.


Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen
Auch für Strom-, Gas-, Wasser-, Kälte- und Wärmelieferungen gibt es aus Verein­fachungsgründen Sonderregelungen:

Für längerfristige Ablesezeiträume, welche von unterschiedlichen Steuersätzen betrof­fen sind, dürfen die Jahresentgelte ggfls. gewichtet zeitanteilig nach dem jeweiligen Steuersatz aufge­teilt werden.

Bereits vor dem 1. Juli 2020 erteilte Rechnungen für Abschlagszahlungen, die 7% bzw. 19% auswiesen, mussten ausnahmsweise nicht berichtigt werden. Vielmehr kann dies über die Endabrechnung vorgenommen werden. Aus Vereinfachungsgründen dürfen die Leistungsempfänger dann aus den Abschlagszahlungen auch im zweiten Halbjahr 2020 7% bzw. 19% Vorsteuer geltend machen.

Ergänzend stellt die Finanzverwaltung nunmehr klar, dass diese Regelungen auch im Rahmen der EEG-Einspeisung (also insbesondere bei Photovoltaikanlagen und Blockheizkraftwerken) analog gelten.


Anzahlungen
Anzahlungen, welche vor dem 1. Januar 2021 verausgabt bzw. vereinnahmt und dabei dem reduzierten Steuersatz unterworfen wurden, müssen nicht sofort am 1.1. umsatzsteuer­lich korrigiert werden, wenn auf Grund der (voraussichtlichen) Leistungserbringung die Gesamtleistung mit dem neuen Steuersatz zu versteuern sein wird. Auch bei weiteren Anzahlungen im neuen Jahr, die dann dem Steuersatz von 7% oder 19% unterliegen, erfolgt noch keine Nach­versteuerung der im zweiten Halbjahr 2020 geleisteten Anzahlungen. Diese Nachversteuerung hat – das stellt die Finanzverwaltung ausdrücklich klar – erst mit Abschluss der Leistung und Erteilen der Endrechnung zu erfolgen.

Beispiel 3:
Der Handwerker H erneuert die Ausstellungshalle des Unternehmerkunden U für netto EUR 10.000. Im Oktober 2020 leistet der Kunde U nach einer Anzahlungsrechnung eine Anzahlung von EUR 2.320. Der Handwerker führt hieraus 16/116-tel Umsatzsteuer in Höhe von EUR 320 ab. Im Januar 2021 leistet der Kunde U nach einer weiteren Anzahlungsrechnung eine Anzah­lung von EUR 2.380. Der Handwerker führt hieraus 19/119-tel Umsatzsteuer in Höhe von EUR 380 ab. Eine Nachversteuerung der ersten Anzahlung erfolgt hier noch nicht, sondern erst bei der Endrechnung.

Die Fertigstellung der Ausstellungshalle erfolgt im Februar 2021. Die Werkleistung ist insge­samt mit 19% Umsatzsteuer zu versteuern. In der Schlussrechnung über EUR 10.000 zzgl. 19% Umsatzsteuer von EUR 1.900 (gesamt EUR 11.900) werden die bisherigen Netto-Anzah­lungen über insgesamt EUR 4.000 sowie die bisherigen Steuerbeträge von insgesamt EUR 700 abgesetzt. Somit verbleibt eine Restzahlung von netto EUR 6.000 zzgl. Umsatzsteuer in Höhe von EUR 1.200, also insgesamt EUR 7.200.

Rechnungen für aktuelle, noch in 2020 zu zahlende Abschlags- bzw. Vorauszahlungen für Lieferungen und Leis­tungen, die in 2021 ausgeführt und somit den regulären Steuers­ätzen von 7% bzw. 19% unterliegen werden, können bereits die regulären Steuers­ätze und -beträge ausweisen (Besonderheiten können lediglich bei echten Teilleistungen mit [Gesamt-]Vorauszahlungen bestehen.).

Beispiel 4:
Ein Händler stellt am 25. November 2020 eine Rechnung über eine Warenlieferung, die in der zweiten Januar-Woche 2021 ausgeführt wird, über EUR 200 zzgl. 19% Umsatzsteuer in Höhe von EUR 38, insgesamt EUR 238. Der Leistungsempfänger kann die ausgewiesenen 19% Umsatzsteuer bereits bei Zahlung als Vorsteuer geltend machen

Analog gilt dies bei Abschlags- und Vorauszahlungen in der zweiten Hälfte 2020 für Lieferun­gen und Leistungen, die in 2021 ausgeführt und gleichzeitig der Umkehr der Steuerschuldner­schaft (§ 13b UStG) unterliegen werden. Hier kann der Leistungsemp­fänger bereits bei der Zahlung das Reverse Charge-Verfahren mit dem neuen regulären Steuersatz anwenden.


Entgeltminderungen (z. B. Skonti, Boni etc.)
Treten nach der Steuersatzänderung Entgeltminderungen (z.B. Skonti) auf, ist auf den Steuersatz der zu Grunde liegenden Lieferung bzw. Leistung abzustellen.
Werden in 2021 rückwirkend Jahresboni etc. für das Jahr 2020 gewährt, sind diese Boni nach den zu Grunde liegenden Steuersätzen aufzuteilen. Diese Aufteilung kann auf Basis der anteiligen Umsätze oder aus Vereinfachungsgründen 50:50 (bei Boni etc. betreffend das gesamte Kalenderjahr) erfolgen. Der Leistungsempfänger ist insoweit an die Aufteilungsentschei­dung des leistenden Unternehmers gebunden. Hilfsweise können Jahresboni etc. auch insge­samt dem Steuersatz von 19% (bzw. 7%) unterwor­fen werden. Dies sollte in der Regel kein Problem darstellen, sofern beide beteiligten Unternehmer – wie üblicherweise – vorsteuerab­zugsberechtigt sind.


Gutscheine
Für ausgegebene Gutscheine ergeben sich durch die Steuersatzänderung nur geringe Auswirkungen. Für die Details hierzu, verweisen wir auf unseren gesonderten Beitrag im Mandan­tenrundschreiben November 2020.


Handelsvertreter
Für Handelsvertreter stellt das Bundesfinanzministerium noch einmal klar, dass bei einer Entgeltvereinbarung nach §§ 87 ff. HGB die Vermittlungsprovision dem Steuer­satz zu unterwerfen ist, der am Tag der Lieferung durch das vertretene Unternehmen gilt.

Sofern das vertretene Unternehmen „ab Werk“ liefert, diese Lieferung „ab Werk“ vor und die Warenübergabe an den Kunden ggfls. erst nach dem Stichtag statt­findet, ist folgendes zu beachten:

Beispiel 5:
Das Autohaus A vermittelt die Lieferung eines Neufahrzeugs durch den Hersteller H an den Privatkunden P. Die Lieferung „ab Werk“ findet am 29. Dezember 2020 statt. Die Übergabe des Fahrzeugs durch an den Kunden P erfolgt im Autohaus am 2. Januar 2021.

Sowohl die Lieferung des Herstellers H an den Privatkunden P als auch die Vermitt­lungsleis­tung des Vertreters A an den Hersteller H finden am 29. Dezember 2020 statt und unterliegen somit dem Steuersatz von 16%.

Im Unterschied hierzu ist bei Handelsmaklern derjenige Steuersatz anzuwenden, der im Zeitpunkt der Erstellung der Schlussnote gilt.


Pfandgut
Wenn ein Unternehmen Leergut zurücknimmt und hierfür einen gezahlten Pfandbe­trag erstat­tet, liegt insoweit eine Entgeltminderung mit entsprechender Umsatzsteuer­minderung vor. Für den dabei zu Grunde zu legenden Steuersatz sieht die Finanzver­waltung eine Vereinfachungsregelung vor, welche jedoch gegebenenfalls unternehmensindividuell mit dem zuständigen Fi­nanzamt abzustimmen ist. Sollten Sie hiervon betroffen sein, bitten wir Sie, sich mit uns in Verbindung zu setzen, um die Kontaktaufnahme mit dem Finanzamt zu besprechen.


Fahrausweise
Bei Fahrausweisen, die bis zum letzten Betriebstag des Monats Dezember gültig sind, kann aus Vereinfachungsgründen noch der reduzierte Steuersatz angewendet und somit als Vor­steuer geltend gemacht werden. Bei Zeitkarten, die über den 31.12.2020 hinaus gültig sind, können die Leistungen im Schätzwege auf die Zeit vor und nach dem Stichtag aufgeteilt wer­den. Sofern also hieraus ein Vorsteuerabzug geltend gemacht werden soll, muss wohl vom Verkehrsunternehmen eine gesonderte Rechnung angefordert werden.


Unrichtiger Steuerausweis
Wurde bzw. wird für Leistungen, welche tatsächlich mit 7% bzw. 19% zu besteuern sind, versehentlich eine Rechnung mit einem niedrigeren Steuersatz (insb. 5% oder 16%) ausgestellt, ergeben sich aus dem zu niedrigen Steuerausweis folgende Konsequen­zen:
Der Rechnungsaussteller schuldet bis zu einer Rechnungskorrektur den rechnerisch höheren Steuerbetrag (also 19/119 aus 116% des Nettoentgelts). Der Leistungsempfänger darf jedoch nur den tatsächlich ausgewiesenen Steuerbetrag (z. B. 5% statt 7% bzw. 16% statt 19%) als Vorsteuer geltend machen. Insofern ist bei Rechnungen eine sorgfältige Rechnungs­prüfung empfehlenswert.

Gab es seitens der Finanzverwaltung hinsichtlich des Stichtags 30.6./1.7.2020 noch eine Nichtbeanstandungsregelung für einen kurzen Zeitraum, wenn im Juli 2020 erbrachte Leistungen versehentlich mit 7% (statt 5%) bzw. 19% (statt 16%) in Rechnung gestellt wurden, ist dies zum kommenden Stichtag 31.12.2020/1.1.2021 nicht vorgesehen.


Zivilrechtliche Hinweise
Ob bei bereits abgeschlossenen Verträgen die Steuersatzänderung auch zu einer zi­vilrechtli­chen Änderung des Bruttokaufpreises führt, kann nicht pauschal beurteilt werden. Dies ist im­mer eine Frage der vertraglichen Bedingungen des Einzelfalls.

Eine Ausnahme sind langfristige Verträge, welche bereits mehr als 4 Monate vor der Steuer­satzänderung geschlossen wurden. Hier besteht nach § 29 UStG eine gesetzliche Verpflich­tung, dass – sofern die Vertragsparteien nichts Anderes individuell vereinbart haben – ein Ausgleichsanspruch in Höhe der Steuersatzänderung erfolgen muss.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass das Bundesfinanzministerium § 29 UStG so versteht, dass die 4 Monate von dem Tag rückwärts gerechnet werden müssen, an dem die befristete Steuersatzänderung (zum 1.7.2020) in Kraft trat. Das heißt, dass die Ver­träge vor dem 1.3.2020 geschlossen sein müssen, damit § 29 UStG auch hinsichtlich des Stichtags 31.12.2020/1.1.2021 Anwendung findet. Da zu jenem Zeitpunkt allerdings bereits die Steuersätze von 7% und 19% gültig waren, geht das Bundesfinanzministerium davon aus, dass § 29 UStG in der Praxis nicht relevant sein wird.

Daher empfiehlt sich weiterhin bei Kauf- bzw. Dienstleistungsverträgen, bei denen Abschluss (z.B. 2. Halbjahr 2020) und Ausführung (z.B. 2021) zeitlich aus­einanderfallen, zumindest bei Unternehmenskunden eine Preisanpassungsklausel zu vereinbaren, um sicherzustellen, dass der Kunde nach einer Steuersatzerhöhung dann auch den Bruttopreis entrichten muss. So kann auch bei Sachverhalten, bei denen Ab­schluss und Auslieferung weniger als 4 Monate auseinanderliegen, ein Zahlungsan­spruch auf den ggfls. höheren Bruttokaufpreis bestehen. Auch für Privatkunden sollte diesbezüglich möglichst eine individuelle Vereinbarung getroffen werden. Zu den Details verweisen wir auf unsere Mandanteninformation 8/2020 (https://raw-partner.de/service/blog/zivilrechtliche-auswirkungen-der-umsatzsteuer-aenderungen).



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