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AKTUELLER STAND BEI DEN KFZ-GARANTIEN

RAW-AKTUELL 10/2021
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit seinem Schreiben vom 11.05.2021 die gesamte Kfz- und Versicherungsbranche geschockt, da mit diesem Schreiben Kfz-Garantien steuerlich gänzlich anders als bisher behandelt werden sollen, so unterliegen sie, vereinfacht gesagt nicht mehr der Umsatzsteuer, sondern der Versicherungsteuer. Und weil ja nach Ansicht der Finanzverwaltung eine Umstellung von Umsatzsteuer auf Versicherungsteuer so einfach ab­zubilden ist, wurde auch – zunächst – nur eine Frist bis zum 30.06.2021 gewährt.

diverse BMF-Schreiben
Nur nochmal zur Klarstellung, der Bundesfinanzhof (BFH) hatte im Jahr 2018 seine Beurtei­lung von Kfz-Garantien geändert, das BMF (Abteilung Versicherungssteuer) hat sich dann fast zweieinhalb Jahre Zeit gelassen, um im stillen Kämmerlein, und zwar ohne jegliche Beteiligung der Verbände, sein Schreiben zu veröffentlichen und lediglich eine Umstellungsfrist von 7 Wo­chen zu gewähren. Erst durch massiven Protest unter anderem des ZDK wurde am 18.06.2021 verlaut­bart, dass die Umsetzungsfrist bis zum 31.12.2021 verlängert wurde.

Am 18.10.2021 teilt nun das BMF ganz lapidar mit, dass die Umsetzungsfrist auf den 31.12.2022 verlängert wurde. Hintergrund für die Fristverlängerung ist unter anderem der, dass die Finanzverwaltung selbst eine Umsetzung in der kurzen Zeit gar nicht hinbekommt.
Nach aktuellem Stand kommt aber die Umstellung auf jeden Fall, lediglich der Zeitpunkt wurde auf den 31.12.2022 verschoben. Somit sollte sich jedes Autohaus mit dieser Thematik intensiv auseinandersetzen, gerade auch deshalb, weil sich noch zusätzlich das Gewährleistungsrecht zum 01.01.2022 ändert.

Garantiemodelle
Bislang existieren in der Praxis verschiedene Modelle bei der Vergabe von Kfz-Garantien.
  1. Zum einen werden durch die Händler Garantieversicherungen vermittelt. Hier führt die Versicherungsgesellschaft einen umsatzsteuerfreien Versicherungsumsatz an den Ga­rantie- = Versicherungsnehmer aus. Der Händler erhält hier eine umsatzsteuerfreie Vermittlungsprovision.
  2. Zum anderen ist es möglich, dass der Händler zu Gunsten des Kunden eine Versiche­rung abschließt. Obwohl der Händler Versicherungsnehmer ist, erhält der Kunde aus dem Vertrag einen Reparaturkostenerstattungsanspruch ausschließlich gegenüber dem Versicherungsunternehmen. Ein Anspruch gegenüber dem Händler besteht wie im ersten Fall nicht.
  3. Weiterhin vergeben manche Händler eine reine Eigengarantie, bei denen sie die Funk­tionstüchtigkeit (von bestimmten Baugruppen) des betroffenen Fahrzeugs und im Schadensfall die Behebung des Schadens garantieren. Das Entgelt für die Gewährung der Eigengarantie wurde bislang in der Regel als umsatzsteuerpflichtig angesehen. Aus den Eingangsleistungen wurde die Vorsteuer geltend gemacht.
  4. Am weitesten in der Praxis verbreitet ist das sogenannte Kombinationsmodell. Hier erhält der Garantienehmer üblicherweise vom Händler eine Garantie(verlängerung), welche durch eine Versicherung rückversichert ist. Der Garantienehmer hat dabei das Wahlrecht, entweder vom Händler die Schadensbeseitigung oder von der Versiche­rung eine Kostenerstattung zu verlangen. Die Versicherung hat hierbei einen umsatz­steuerfreien Umsatz gegenüber dem Händler. Das Entgelt, welches der Händler vom Kunden erhält, wird auf Basis eines Urteils des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 2010 umsatzsteuerpflichtig behandelt. Daher hat der Händler aus seinen Aufwendungen zur Erfüllung seiner Verpflichtungen auch einen Vorsteueranspruch.
  5. Auf Grund eines Urteils des Bundesfinanzhofs aus dem Jahre 2018 liegt darüber hin­aus ein umsatzsteuerfreier Versicherungsumsatz des Kfz-Händlers vor, wenn er eine Eigengarantie vergibt, die im Schadensfall lediglich einen Kostenerstattungsanspruch verspricht. Folgerichtig hat der Händler aus den damit in Verbindung stehenden Auf­wendungen keinen Vorsteueranspruch.
Auf Basis des zuletzt genannten BFH-Urteils aus dem Jahre 2018 hatte sich nun die Finanz­ver­waltung mit dem Thema der Kfz-Garantien auseinandergesetzt. Dabei hat sie zunächst die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs übernommen, dass entgeltliche Garantiezusagen um­satzsteuerlich stets ein eigener Umsatz sind. Damit dürfte auch endgültig klar sein, dass bei Fahrzeugverkäufen mit entgeltlicher Garantiezusage die Erlöse zumindest getrennt gebucht und auch getrennt steuerlich gewürdigt werden müssen.

Darüber hinaus ist die Finanzverwaltung zu dem Schluss gekommen, dass die Garantiege­währung – und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Kostenerstattung, um eine Sach­ein­standspflicht oder auch eine Kombination dieser Varianten handelt – stets eine umsatz­steu­erfreie Versicherungsleistung ist. Insbesondere hält die Finanzverwaltung das BFH-Ur­teil zur Umsatzsteuerpflicht des Kombinationsmodells für überholt.

Vollwartungsverträge
Lediglich Garantien im Zusammenhang mit sogenannten Vollwartungsverträgen sollen auch weiterhin umsatzsteuerpflichtig sein. Nach unseren Informationen versteht die Finanzverwal­tung hierunter voraussichtlich einen Vertrag, bei dem der Händler oder ein Dritter verspricht, die Funktionalität der Ware während der insoweit vertraglich vereinbarten Vertragslaufzeit um­fassend zu erhalten. Ein solcher Vertrag umfasst neben Wartungs- und Inspektionspflichten auch die Pflicht des Händlers, defekte oder vor einem Defekt stehende (Verschleiß-)Teile aus­zutauschen. Mit der regelmäßigen Inspektion und Wartung sowie dem rechtzeitigen Austausch von Teilen soll eine Störung/ein Ausfall verhindert werden. Gezahlt wird hierfür auf Basis eines eigenständigen Vertrages ein Pauschalpreis, mit dem die regelmäßige Inspektion, Wartung und auch Austauschteile abgegolten werden, wobei die dem Vollwartungsvertrag zu Grunde liegenden Entgeltvereinbarungen mit Anpassungsklauseln sowie mit Sonderregelungen für außergewöhnlich teure Reparaturen/Ersatzteile versehen sein können. Mit der Vollwartung soll danach die Betriebsbereitschaft (z. B. einer Maschine oder einer Anlage) zu jedem Zeit­punkt sichergestellt werden. Eine im Rahmen oder aus Anlass des Abschlusses eines Voll­wartungsvertrags vom Vollwartungsverpflichteten eingeräumte Garantie ist somit letztendlich auf eine Beseitigung der Störung bzw. des Schadens gerichtet, der durch die Vollwartung ge­rade verhindert werden sollte. – Inwieweit dies im Kfz-Handel letztendlich realisierbar wäre, ist zumindest einmal mit einem großen Fragezeichen versehen. Die bislang üblichen Garantie­produkte erfüllen jedenfalls in der Regel nicht die Definition eines Vollwartungsvertrages.

Eingeschränkter Vorsteuerabzug
Dies hat für die Händler gravierende Auswirkungen. Da entgeltliche Garantiezusagen nun­mehr als umsatzsteuerfreie Versicherungsumsätze gelten sollen, besteht auch kein Vorsteu­erab­zugsrecht mehr für Aufwendungen zur Erfüllung der eigenen Garantieverpflichtun­gen. Dies betrifft insbesondere die Ersatzteile, welche für Reparaturen im Rahmen von Garantiearbeiten für zukünftig abgeschlossene Garantien anfallen. Um Unklarheiten im Rah­men von Betriebs­prüfungen zu vermeiden, sind daher diese Aufwendungen separat buch­halterisch zu erfassen. Dies umfasst insbesondere auch die Unterscheidung, ob die Garan­tieleistung einen ursprüng­lich umsatzsteuerpflichtigen oder einen umsatzsteuerfreien Garan­tievertrag betrifft. Für Auf­wendungen für Reparaturen zur Erfüllung fremder Garantieverpflich­tungen (z. B. anderer Händler) bleibt der Vorsteuerabzug bestehen.

Versicherungsteuer
Ab dem 01.01.2023 darf somit für umsatzsteuerfreie Leistungen keine Umsatzsteuer mehr in Rechnungen offen ausgewiesen werden. Wird sie doch in Rechnungen ausgewiesen, wird sie – gegebenenfalls zusätzlich zur anfallenden Versicherungsteuer – dem Fiskus geschuldet. Entscheidend dafür, ob es sich um einen umsatzsteuerpflichtigen Alt- oder versicherungsteu­erpflichtigen Neufall handelt, ist dabei nicht die Laufzeit der Garantie, sondern der Tag des Vertragsabschlusses.

Nach dem BMF-Schreiben unterliegen Garantien der Händler, bei denen der Kunde aus­schließlich einen Re­paraturanspruch gegen den Kfz-Händler als Garantiegeber hat, als um­satzsteuerfreie Versi­cherungsleistung der Versicherungsteuer. Gleiches gilt für Garantien der Händler, bei de­nen der Kunde ausschließlich einen Reparaturkostenersatzanspruch gegen den Kfz-Händ­ler als Garantiegeber hat. Sofern der Händler sein Risiko selbst bei einem Ver­sicherer versi­chert hat, ist diese als Rückversicherung versicherungsteuerfrei.

Hinsichtlich des bislang weit verbreiteten Kombinationsmodells, bei denen der Kunde die Wahl zwischen einem Reparaturanspruch gegen den Kfz-Händler sowie einem Reparaturkos­tener­satzanspruch gegen die Versicherung hat, geht die Finanzverwaltung nunmehr von zwei selb­ständigen Versicherungsumsätzen aus, die wohl beide der Versicherungsteuer unterliegen sollen.

Besonders kompliziert wird es, wenn ein Händler hinsichtlich des Reparaturkostenersatzes einen Versicherungsvertrag auf fremde Rechnung zu Gunsten des Käufers abgeschlos­sen hat, aus dem der Kunde als versicherte Person im Garantiefall Ansprüche gegenüber dem Versicherer hat und der Händler vom Kunden einen höheren Preis (Verkaufsaufschlag) ver­langt, als er selbst dem Versicherungsunternehmen zahlen muss. Hier kommt es darauf an, ob der Händler dem Kunden seinen Aufpreis offenlegt oder nicht.

Legt er dem Kunden gegenüber den Aufpreis offen, erbringt der Händler nach Auffassung der Finanzverwaltung eine Dienstleistung „Verschaffung von Versicherungsschutz“, für die er den Aufpreis als separates Entgelt erhält. Dieses Entgelt unterliegt nicht der Versicherungsteuer.
Legt der Händler den Aufpreis gegenüber dem Kunden nicht offen, ist er verpflichtet, den Auf­preis dem Versicherer mitzuteilen. Denn der Verkaufsaufschlag gehört in diesem Fall zum versicherungsteuerpflichtigen Entgelt des Versicherers. Der Händler haftet hierbei für die aus dem Vorgang entstandene Versicherungsteuer. Zusätzlich erbringt der Händler eine umsatz­steuerfreie Versicherungsvermittlungsleistung, für welche er vom Versicherer den Ver­kaufs­aufschlag als Provision erhält, sodass insoweit eine Aufrechnung möglich ist.
Sollte es dazu kommen, dass der Händler eine versicherungsteuerpflichtige Leistung erbringt, sind 19% Versicherungsteuer offen ausgewiesen in Rechnung zu stellen. Zusätzlich ist die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Versicherungsteuernummer, zu der die Steuer ab­geführt wird, anzugeben. Die Versicherungsteuer muss vom Händler innerhalb von 15 Tagen nach Ablauf des Voranmeldungszeitraum beim Bundeszentralamt für Steuern elektronisch ge­meldet und gezahlt werden.

Hinweis:
Vor diesem Hintergrund empfehlen wir eine Bestandsaufnahme der aktuell vergebenen bzw. zukünftig zu vergebenden Garantien jeglicher Art. Dies umfasst insbesondere den Sachverhalt an sich, inwieweit es Garantien für selbst verkaufte bzw. vermittelte Produkte gibt, um welche Warenart es sich handelt, auf die sich die vergebene Garantie bezieht (z. B. Fahrzeug, Reifen …), ob die vergebenen Garantien Neu­ware oder Gebrauchtware betreffen, welche ihrerseits der Regel- oder der Differenzbesteuerung unterliegen. Wei­terhin ist zu klären, wie die Berech­nung der Garantie gegenüber dem Kunden geschieht, ob die Rech­nung ohne oder mit geson­dertem Entgeltausweis erfolgt und welche Fallgruppen es hinsichtlich der Höhe des verlang­ten, einkalkulierten bzw. verbuchten Entgelts gibt (ohne Entgelt, symbolisches Entgelt, im Ver­gleich zur Rückversiche­rung identisches, vermindertes oder erhöhtes Entgelt). Schlussendlich ist noch abzuklären, welche Garantiebedingungen gegenüber dem Kunden gelten. Hier sollte auch mit dem jeweiligen Garantieanbieter geklärt werden, inwieweit es dann spätestens ab 2023 geänderte Garantiebedingungen geben soll.


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